IWF drängt Italien zur Eile
18. Juni 2014Nach einem Besuch in Italiens Hauptstadt Rom veröffentlichte der IWF am Dienstag (17.06.2014) ein Papier mit dem Titel "Italiens Wachstumspotential freisetzen". Unter ihre eigene Überschrift setzten die IWF-Ökonomen ein Zitat des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Im Februar, als er sein Amt antrat, hatte der ehemalige Bürgermeister von Florenz über Italien gesagt: "Dies ist ein eingerostetes Land. Ein Land, das steckengeblieben ist, angekettet von einer erstickenden Bürokratie."
Dieser Analyse des Regierungschefs schließt sich der IWF-Bericht widerspruchslos an. Als Hindernisse auf dem Weg zu einer Gesundung von Wirtschaft und Finanzen macht der IWF vor allem die hohe Arbeitslosigkeit aus und kritisiert die ineffiziente Justiz, den unzureichenden Kampf gegen die Korruption, eine unangemessene Bürokratie und Defizite bei der Förderung von kleinen Betrieben und Start-Up-Unternehmen.
Wenig hilfreich sei auch, so der IWF, dass als Folge der seit Jahren lahmenden Wirtschaft die Inflationsrate deutlich unter ein Prozent gefallen ist. Dieser Umstand würde die "Mühen im Kampf gegen die Krise" vor allem den Kreditnehmern aufbürden. Der leichte Aufschwung, der für dieses Jahr prognostiziert worden sei, bleibe "zerbrechlich" und die Arbeitslosigkeit sei "inakzeptabel hoch" – das erfordere "schnelles und entschiedenes politisches Handeln".
Reformen auf dem Arbeitsmarkt
Um der Arbeitslosigkeit wirksam begegnen zu können, müsse der italienische Arbeitsmarkt besser organisiert werden. Die einzelnen Regionen müssten ihre Beschäftigungsprogramme zentralisieren und die Lohnpolitik müsse dereguliert werden, damit "Firmen schneller auf sich ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren" könnten. Besonders hilfreich wäre es, so der IWF, "unbefristete Arbeitsverhältnisse abzubauen zu Gunsten von Verträgen, bei denen die Arbeitnehmer erst schrittweise Ansprüche auf Schutz erwerben."
Italien habe zwar erfolgreich die Zahl anhängiger Gerichtsverfahren reduziert, stellt das Papier fest, doch noch immer sei die "juristische Effizienz" äußerst unzureichend. Auf diesem Gebiet müssten die angefangenen Reformen fortgesetzt werden, besonders im Hinblick auf die Senkung von Gerichtskosten und die Möglichkeit, Widerspruchsmöglichkeiten einzuschränken. Darüber hinaus müsse die Arbeit der Gerichte besser überwacht und Mediationsmöglichkeiten öfter genutzt werden.
Der IWF lobt die Bemühungen des Gesetzgebers, bürokratische Hemmnisse abzubauen, rügt aber die Umsetzung als "schwach". Das gelte in vielen Bereichen, zum Beispiel bei der Unterstützung von kleinen Betrieben und Start-Up-Unternehmen. Kleinbetriebe, laut der IWF "das Rückgrat der italienischen Wirtschaft", würden besonders von einer konsequenteren Anwendung des Insolvenzrechtes und der Möglichkeit zu außergerichtlichen Einigungen in Streitfällen profitieren.
Dem Kampf gegen die Korruption stellen die IWF-Prüfer das gleiche Urteil aus: Legislativ seien wohl "Schritte in die richtige Richtung" unternommen worden, ihre Umsetzung bliebe jedoch hinter den Erfordernissen zurück.
Hilfe könnte aus Europa kommen
Weiter fordert der IWF bessere Möglichkeiten, faule Kredite abschreiben zu können und die Einrichtung von "Bad Banks". Auch müssten die italienischen Banken umstrukturiert werden: Banken im Besitz von Anteilseignern seien solchen, die im Besitz von Stiftungen sind, vorzuziehen .
Weiterhin schlägt der IWF vor, die Steuern zu senken und die Jagd auf Steuerhinterzieher zu intensivieren. Das würde Arbeitgeber entlasten, Privatinvestitionen in die Wirtschaft fördern und gleichzeitig die Steuergerechtigkeit fördern.
Zum Schluss weist das IWF-Papier auf das Verhältnis Italiens zu seinen europäischen Nachbarn und EU-Partnern hin. Die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) käme den oben zitierten Reformen in Italien entgegen, das gelte besonders für die Bemühungen um eine europäische Bankenunion. Dafür müsse Rom aber eine aktivere Rolle in diesem europäischen Prozess spielen.
Am 1. Juli 2014 übernimmt Italien turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft. Ministerpräsident Matteo Renzi hat bereits angekündigt, dann seinen Einfluss zu nutzen, um Änderungen am EU-Stabilitätspakt zu erreichen.