IWF: Gefahren für die Weltwirtschaft
11. April 2014Am Vorabend der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gab es erst einmal gute Nachrichten: Griechenland ist es nach vier Jahren erstmals wieder gelungen, Staatsanleihen an den Finanzmärkten zu platzieren. IWF-Chefin Christine Lagarde deutete das auf ihrer Pressekonferenz als ein Zeichen, "dass Griechenland sich in die richtige Richtung bewegt". Der Markttest sei "sehr erfolgreich" gewesen. Lagarde glaubt, "dass die Rückkehr Griechenlands an die Märkte am Horizont steht".
Signale anderer Art kamen im Vorfeld der Frühjahrstagung von Schwellenländern wie Brasilien oder Indien. Ihre Klage: Die zunehmend restriktive Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve behindere ihr Wachstum. Christine Lagarde wiegelte ab; die Schwellenländer seien auch jetzt immer noch Wachstumstreiber, auch wenn sich die Raten leicht abgeschwächt hätten. Angesichts der Zahlen für China (plus 7,5 Prozent), Indien und die Länder Südafrikas (beide plus 5,4 Prozent) wollte sie lediglich von einem "Rebalancing" sprechen, nicht von einer Krise.
Versäumnisse der Vergangenheit
Deutliche Kritik an den Schwellenländern kommt hingegen von einem der international angesehensten Finanzexperten und Unternehmer, von Charles Dallara, der für die Präsidenten Roland Reagan und George W. Bush gearbeitet hat und heute im Vorstand der deutschen Bertelsmann Stiftung sitzt. Sie hätten "die Zeit der hohen Liquidität nicht genutzt, um das Steuersystem und den Arbeitsmarkt zu reformieren und die Handelsgesetze zu liberalisieren". Insbesondere in Brasilien würden sich diese Versäumnisse heute rächen, so Dallara.
Neues gab es von Lagarde zur Ukraine. Erstmals nannte sie Zahlen und Fristen zur Finanzhilfe für das Land: "Vor zehn Tagen hat man sich auf der Arbeitsebene mit der Ukraine geeinigt." Seitdem hat sich das IWF-Board bereits mehrmals informell damit befasst. Ende April oder spätestens Anfang Mai soll das Hilfsprogramm dann anlaufen. Vorausgesetzt, dass die Regierung in Kiew ihre Hausaufgaben macht. Lagarde sagte eine Finanzierung "in der Bandbreite von 14 bis 18 Milliarden Dollar" voraus. Das schafft wohl genug Spielraum, um den drängendsten Forderungen der Kreditgeber nachzukommen und die Pleite des Landes vorerst abzuwenden.
IWF treibt weiter zu Reformen an
Christine Lagarde wird nicht müde, Industrienationen und Schwellenländer gleichermaßen zu Reformen anzuhalten. Das vom IWF vorhergesagte globale Wachstum von 3,6 Prozent in diesem Jahr und 3,9 Prozent für 2015 sei unterhalb der Möglichkeiten und zu gering, um die Defizite der staatlichen Haushalte und den hohen Sockel der Arbeitslosigkeit - beispielsweise in Europa - abzubauen. Anders als vom IWF empfohlen wollte die Europäische Zentralbank (EZB) bisher allerdings nichts gegen die langanhaltende niedrige Inflation unternehmen, in der neben dem IWF auch Fachleute wie Charles Dallara eine Gefahr für das Wachstum sehen. "Wir haben einen fortgesetzten Dialog mit den europäischen Autoritäten", formulierte Lagarde diplomatisch, nachdem EZB-Chef Mario Draghi sich erst letzte Woche ironisch für ihre "generösen" Ratschläge bedankt und bei den anwesenden Journalisten breites Gelächter ausgelöst hatte.
Dallara fordert eine neue G 7
"Wir respektieren sehr das Urteil der EZB. Sie haben ihren Finger am Puls der europäischen Ökonomie", so Lagarde. Allerdings gab sie auch deutlich zu verstehen, dass entschlossene Gegenmaßnahmen nur noch "eine Frage des Timings" seien. Kooperation und Koordination unter den Hauptakteuren des internationalen Finanz- und Wirtschaftslebens ist für Lagarde der Schlüssel zu mehr Wachstum. Charles Dallara, der auch einmal als Exekutivdirektor für den IWF gearbeitet hat, stimmt ihr nicht nur zu, sondern wird auch konkret: "Ich glaube wir brauchen eine neue Gruppe, eine neue G7", fordert er.
"Wir haben die G20 mit China und Indien, aber wir brauchen jetzt etwas, das sich um die USA, Japan, Deutschland, China, Indien und Brasilien gruppiert. Das sind heute die Schlüsselländer der Weltwirtschaft." Er wolle ja keinen ausschließen, versichert Dallara. Man kann davon ausgehen, dass dies Franzosen, Briten und Italiener anders sehen.