Legendärer Bandleader: James Last
10. Juni 2015DW-Reporter Jens von Larcher hat für die Deutsche Welle im März 2015 eines der letzten Interviews mit Bandleader James Last geführt - kurz vor dem Start zu seiner letzten Konzert-Tournee "Non-Stop-Music". Es ist auch eine Art Vermächtnis, was ihm als Musiker immer wichtig war im Leben: "Unsere Show ist keine Show, sondern wir leben auf der Bühne", hat er immer gesagt. Jetzt ist James Last (1929 -2015) mit 86 Jahren gestorben. Über 50 Jahre war er weltweit mit großem Erfolg auf Tour durch Europa, Amerika, die ehemalige Sowjetunion, China, Australien und Neuseeland.
Deutsche Welle: James Last, in den vergangenen Jahren hieß es schon öfter, das sei jetzt die definitiv letzte “Last-Tour“. Wie ist es denn diesmal?
James Last: Das war ein Wortspiel. James Last auf Tournee ist immer eine "Last Tour". Ich bin ja im letzten Jahr 85 geworden. Da waren wir uns schnell einig und haben gesagt, vielleicht wird's ja nicht mehr so gut wie früher, aber die Musik bleibt - und die Musik ist richtig gut. Und solange man noch auf die Bühne gehen kann…
Können Sie mir erzählen, wie das im letzten Herbst war, als Sie ins Krankenhaus mussten? Wie war diese Zeit für Sie?
Das waren zweieinhalb Operationen in einem. Und alleine schon die Narkose, macht einen ja schon halb tot eigentlich. Und ich dachte wirklich, jetzt geht's zu Ende. Da fühlte ich an meiner Hand, wie meine Frau neben mir saß. Tag und Nacht hat sie bei mir auf dem Stuhl gesessen, da habe ich nur gedacht, wir müssen nochmal gesund werden! Und das hat funktioniert. Jetzt geht's nicht zu Ende, sondern nochmal los.
Während der Tournee 2015, die gerade begonnen hat, haben Sie Geburtstag (am 17. April 2015). Ist es wirklich so leicht mit 86 nochmal auf Konzerttournee zu gehen und so eine lange, anstrengende Tour quer durch halb Europa zu machen?
Wenn man das Arbeit nennen würde, dann ja. Aber das ich habe noch nie gesagt, denn ich mache ja Musik und Konzerte, da ist die Vorbereitung das Anstrengendste. Da muss alles stimmen.
Die aktuelle Tournee ist in Bayreuth gestartet. Und Sie spielen noch zwei Konzerte in London in der Royal Albert Hall. Was verbindet Sie persönlich mit der Royal Albert Hall? Haben Sie da schon mal gespielt?
Das ist auch schon 50 Jahre her, seit wir da aufgetreten sind. Die englischen Konzertveranstalter waren für unsere Verhältnisse zickig, da durfte keiner vorher in den Saal rein. Da habe ich einfach gesagt: "Das sind alle meine Freunde, die kommen zum Soundcheck. Das ist überall auf der Welt so. Und wenn das nicht geht, dann können wir auch nicht spielen - ganz einfach." Seitdem kommen schon immer ungefähr 500 Leute, inzwischen auch viele Fans, schon zum Soundcheck und hören uns zu, wenn wir unsere Probe machen.
Gibt Ihnen das ein gutes Gefühl an vertrauten Spielstätten aufzutreten, wo Sie schon mal waren?
Nicht nur das. Wann immer mich jemand vor 20 Jahren mal gefragt hat - und damals war ich erst 60 Jahre alt - was meine Ideen als Musiker für später seien und was ich später mal machen will, habe ich ihm gesagt: weitermachen, weitermachen.
Kommen wir zur Musik. Welches Stück, das Sie nicht selbst komponiert haben, hätten Sie gerne komponiert? Gibt es da einen Klassiker, wo Sie gern der Komponist wären?
Da gibt es so viele. Aber für mich als Musiker und Arrangeur war es bezeichnend, als wir vor ungefähr 20 Jahren bzw. es war noch länger her, in Italien in den Charts waren. Damals waren die Beatles die Nummer eins, Nummer zwei war James Last mit einer Romanze von Beethoven und erst die Nummer drei waren die Rolling Stones. Das war schon eine tolle Sache.
Sie sind ja eigentlich immer nah am Puls der Zeit und bleiben da neugierig. Wie sehen Sie die Musik heutzutage? Oder blicken Sie da eher etwas nostalgisch zurück?
Früher ist die Musik auch nicht schlecht gewesen, wir sind nur alle viel älter geworden. Viele ältere Leute sagen immer: "Früher war alles schöner!". Aber die heutige Zeit und auch die Musik sind nur anders, alles ist viel hektischer, alles ist schneller und so. Aber die jungen Leute haben auch ihr Leben. Und das muss man mit denen mitleben, damit man jung bleibt. Also in Gänsefüßchen.
Zum Erfolg gehört auch immer Glück. Wenn Sie einem jungen Musiker heutzutage raten würden, wie er Karriere machen und auch wirklich von seiner Musik leben könnte, was würde Sie ihm empfehlen?
Er muss sich auf jeden Fall selbst treu bleiben. Es gibt viele Leute, die davon abhängig werden im Laufe ihres Erfolges, was ihnen andere Leute sagen. Früher war das bei den Schallplattenfirmen ganz schlimm. Das hat sich ein bisschen gelegt, weil die meisten jungen Leute ihre Musik mit dem Computer selbst machen und das dann einfach bei den Plattenfirmen abgeben. Also solange sie auf andere hören und sich damit selbst verlieren, haben sie keine Chance. Man muss da schon seinen eigenen Weg finden.
Ihre Band, mit der Sie wieder derzeit auf Tournee sind, ist sehr groß. Gibt es da einen Musiker oder ein Instrument, zu dem Sie ein besonderes Verhältnis haben?
Also, unsere Streichergruppe ist unheimlich gut. Es gibt viele aus anderen Orchestern, die ihre freien Tage aufsparen, um mit uns auf Tournee zu gehen. Unser Trompeter: Was der alles gespielt hat und wo er überall gespielt hat! Unser Schlagzeuger war Rocker nebenbei. Das ist sehr abwechslungsreich. Alle 48 Bandmitglieder wohnen in einem Hotel. Und dann wird nach jedem Konzert geplaudert, sich angeregt unterhalten und viel diskutiert. Das war schon immer so.
Wie muss man sich das vorstellen? Ist das wie eine große Familie?
Eine Familie kann ruhiger sein. Aber bei uns gibt es auch keine Unstimmigkeiten. Das liegt vielleicht an mir: Ich schreibe alles selbst, kenne alle Musiker bei uns in der Band und weiß, wer worin stark ist. Und das schreibe ich mir dementsprechend auf. Das Programm von dieser Tour habe ich vor zwei Jahren angefangen, als die andere Tour gerade vorbei war. Man ist dann so vollgepumpt und kann ja nicht ins Bett gehen und sagen: "So, die Tournee ist vorbei, jetzt brauche ich erst mal Ruhe." Nein, die Tournee gibt mir im Grunde meine Ruhe.
Wie ist das denn während der Show, sind Sie da total in der Musik drin? Wieviel bekommen Sie während des Konzertes noch vom Publikum mit?
"Hansi sieht alles und hört alles" wird allgemein gesagt. Wenn ich auf der Bühne bin, stehe ich vorm Orchester und gleichzeitig vor dem Publikum und kann beides gut wahrnehmen. Und das ist einfach ein Erlebnis: Wenn man etwas geschrieben hat, ein gutes Musikstück, und die ganze Welt weiß, dass das erfolgreich ist.
Kennen Sie eigentlich noch Lampenfieber oder hört das irgendwann auf?
Es muss alles gut vorbereitet sein. Die Musiker kriegen von mir alle vorher die Noten. Und sie können es praktisch schon hören, weil ich es auf ihre Soundgeräte einspiele. Und wenn wir dann zum Konzert kommen, dann brauche ich nur einen Arm hochheben, dann wissen sie: Das ist die Eins - und dann geht es los.