Japan und Südkorea unter Asyl-Druck
5. November 2014Alleine Deutschland, die USA, Frankreich und Schweden verzeichneten 2013 über die Hälfte aller Asylanträge weltweit. Unter den Ländern in Asien taucht nur Australien immer wieder mal in den Schlagzeilen auf, wenn es um Asylbewerber geht – und meistens negativ. Stark kritisiert wird Australiens Verfahren, Flüchtlinge auf See aufzugreifen und in Nauru und Papua Neuguinea "zwischenzuparken." Auch die unlängst getroffene Vereinbarung über die Ansiedlung von Flüchtlingen in Kambodscha - gegen 35 Millionen US-Dollar "Entwicklungshilfe" – wird etwa vom UN-Flüchtlingskommissariat kritisiert.
Dennoch gehört Australien zu den bevorzugten Zielländern von Asylsuchenden: 24.300 Anträge waren es 2013 nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR). Die ebenfalls reichen und demokratischen ostasiatischen Länder Japan und Südkorea halten hingegen Flüchtlinge und Asylbewerber weitgehend von sich fern, immerhin verzeichnete Japan 2013 rund 3300 Neuanträge, Südkorea 1600, jeweils die höchsten Werte bisher für beide Länder.
"Bitte draußenbleiben"
Durch eine sehr enge Auslegung der UN-Flüchtlingskonvention von 1951 (Beitritt Südkoreas: 1992, Japans: 1981) und hohe bürokratische Hürden des Anerkennungsverfahrens werden (vergleichsweise) wenige Bewerber anerkannt. In Südkorea beläuft sich die Anerkennungsrate seit dem Beginn von Asylverfahren 1994 auf durchschnittlich rund 12 Prozent (Flüchtlinge aus Nordkorea nicht mitgezählt), in Japan wurden 2013 von 3777 Anträgen sechs positiv entschieden (0,1 Prozent). 15 Bewerbern wurde nach Angaben des japanischen Justizministeriums eine Sonderaufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen gewährt.
Laut Katharine Moon, Korea-Expertin an der Washingtoner Brookings Institution, dauert die Prüfung eines Asylantrags in Japan und Südkorea im Durchschnitt drei Jahre, ein langer Zeitraum, in dem die Asylbewerber eine prekäre, isolierte und teilweise illegale Existenz führen: "In Südkorea werden Asylbewerber oftmals von der Gesellschaft mit Arbeitsmigranten in einen Topf geworfen, das sind aber zwei ganz verschiedene Gruppen mit unterschiedlichem rechtlichem Status und unterschiedlichen Problemen."
Eri Ishikawa von der Japanischen Flüchtlingsvereinigung sieht ein Problem darin, dass für das gesamte Asylverfahren die Einwanderungsabteilung des Justizministeriums zuständig ist. "Es gibt keine Unabhängigkeit, Fairness oder Transparenz in diesem Prozess", kritisiert er gegenüber der DW. Die Einwanderungsabteilung sei in erster Linie an Einwanderungskontrolle interessiert, erst in zweiter Linie, wenn überhaupt, am Schutz von Flüchtlingen.
Historische Unterschiede
Migrationsexperten wie Kristin Surak von der School of Oriental and African Studies der University of London sehen unter anderem historische Gründe für die ablehnende Haltung dieser ostasiatischen Länder. "Sie halten ihre Türen weitgehend geschlossen, weil sie auf Weltkrieg und Völkermord nicht in derselben Weise wie die europäischen Staaten reagiert haben, die zum Beispiel die UN-Flüchtlingskonvention von 1951 erarbeitet haben."
Die Aufnahme von Asylbewerbern und ihren Familien werde in diesen Ländern vor allem als wirtschaftliche Last gesehen, der man nach Möglichkeit ausweichen wolle.
Katherine Moon verweist auf einen anderen Unterschied zu Europa: In jener Weltregion gibt es keinen institutionellen Rahmen wie die EU, innerhalb dessen eine politisch-humanitäre Lösung des Flüchtlings- und Asylbewerberproblems angestrebt werden könnte. "Dort schaut man mehr nach innen, der Fokus liegt auf der Wahrung von sozialer Stabilität, auch weil die soziale Absicherung in diesen – durchaus reichen - Ländern im Vergleich zum Westen schwach ist."
Sonderproblem Nordkorea
Schließlich müsse die Asylpolitik Südkoreas im Zusammenhang mit der Nordkorea-Frage gesehen werden, sagt Moon gegenüber der Deutschen Welle. Denn der Süden müsse stets mit der Möglichkeit einer Masseneinwanderung von Norden her rechnen. Dies mache eine Politik der offenen Tür für Flüchtlinge aus anderen Ländern unmöglich.
Immerhin hat Südkorea 2103 eine Abteilung für Flüchtlingsfragen innerhalb des Justizministeriums eingerichtet und die Rechte von Asylbewerbern gestärkt. Das Bewerbungsverfahren wurde vereinfacht, Aufenthalts- und Arbeitsmöglichkeiten für solche Bewerber, über deren Antrag noch nicht entschieden wurde, wurden verbessert. Auch soll es verbesserte Integrationsangebote geben.