Japanische Prinzessin heiratet Bürgerlichen
15. November 2005Das sind ganz neue Töne in Japan: "Sayako san", sagte der Gouverneur von Tokio und sprach damit höflich eine Dame an, die er und alle Welt bisher nur als "Eure Majestät Prinzessin Nori" oder auch Prinzessin Sayako gekannt hatten. Die neue, nicht nur für das japanische Volk, sondern auch für die Prinzessin selbst noch ungewohnte Anrede verdeutlichte mehr noch als die Hochzeit den Beginn ihres neuen Lebens als eine Bürgerliche. Das jüngste von drei Kindern des Kaisers Akihito und dessen einzige Tochter verlor durch die Heirat mit einem Bürgerlichen ihren kaiserlichen Adelsstatus und beginnt außerhalb der Mauern des Kaiserpalastes fortan ein völlig neues Leben als Hausfrau.
Schlichtes Weiß
6000 Menschen winkten und jubelten der in einem schlichten weißen Kleid mit Perlenkette gekleideten ehemaligen Prinzessin zu, als sie in einer schwarzen Limousine am Dienstag (15.11.2005) den Kaiserpalast verließ. Es war die erste Hochzeit einer Kaisertochter seit 45 Jahren. An der traditionellen Shinto-Zeremonie nahmen auch Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko teil. Eigens zu diesem Zweck wurde in dem Hotel ein Shinto-Altar errichtet. Die Kaiserin erschien wie ihre Tochter in einem schlichten langen Kleid westlichen Stils, Kaiser und Bräutigam trugen Smoking. An der Zeremonie nahmen auf kaiserlicher Seite 23 Personen teil, darunter Prinzessin Sayakos Brüder, Kronprinz Naruhito und Prinz Akishino und ihre Familien. Ihr Ehemann, der Stadtplaner Yoshiki Kuroda, hatte acht Personen geladen, darunter seine Mutter Sumiko.
Die 36-jährige Sayako Kuroda wird nun zunächst in einer 50 Quadratmeter großen Mietswohnung wohnen, drei Mal am Tag das Essen kochen und sich um ihren 40-jährigen Ehemann kümmern, ohne dass ihr dabei kaiserliche Diener zur Seite stehen. Als Vorbereitung auf ihr neues Leben war sie laut Medienberichten von Beamten des erzkonservativen Haushofamts schon einmal in der Benutzung von Haushaltsgeräten unterwiesen worden. Zudem machte sie im Oktober ihren Führerschein und besitzt fortan das Wahlrecht, etwas, das Angehörige der Kaiserfamilie nicht haben.
Rituale und Depressionen
Hausfrau zu werden, mag für "Normalbürgerinnen" nichts Besonderes sein, für eine Prinzessin am japanischen Hof mit seinem von uralten Traditionen und Riten geprägten Leben aber ist es etwas Anderes. Ihre Schwägerin, Kronprinzessin Masako, hatte in gewisser Weise den Schock der umgekehrten Lebenswandlung erlebt. Die Ex-Diplomatin hatte durch die Heirat mit Kronprinz und Thronfolger Naruhito ihren Adelsstatus erworben, so wie seinerzeit die heutige Kaiserin Michiko. Beide Frauen hatten stark unter dem strengen Ritual am Hofe gelitten. Kronprinzessin Masako, die bis vor kurzem unter Depressionen litt und über ein Jahr lang kaum noch in der Öffentlichkeit aufgetreten war, scheint sich erst jetzt allmählich an ihre Rolle zu gewöhnen.
Trost vom Vater
Eine von der Regierung eingesetzte Beraterkommission berät derweil darüber, ob Masakos dreijährige Tochter Aiko künftig Kaiserin werden darf. Da das gegenwärtige Gesetz nur Männer auf dem Thron erlaubt, lastete seit Jahren auf Kronprinzessin Masako ein gewaltiger Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären. Eine Gesetzesänderung könnte darüber hinaus bewirken, dass ihre Schwägerin Sayako die letzte Prinzessin ist, die durch ihre Heirat mit einem Bürgerlichen ihren Adelstitel und die damit verbundenen Rechte aufgeben muss. Die Beraterkommission erörtert, ob Prinzessinnen, die einen Bürgerlichen heiraten, in der Zukunft - genau wie Prinzen - ihren kaiserlichen Titel behalten dürfen.
Tröstend für Sayako dürften die Worte ihres Vaters sein, dass ihre Beziehung trotz des Ausscheidens aus dem Hofe unverändert bleibe. "Unsere Familienbindungen werden sich nicht ändern", zitierte sie Kaiser Akihito in einer schriftlichen Erklärung, als die Prinzessin im kaiserlichen Palast offiziell Abschied von ihren Eltern nahm. (mas)