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Am Rand der nächsten Intifada?

4. Oktober 2015

Die Palästinenserregierung wirft Israel eine "Eskalation" der Spannungen in Jerusalem vor. Nach anhaltenden Unruhen und zwei Messerattacken hat Regierungschef Netanjahu die Altstadt gesperrt.

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Israelischer Polizist, packt Palästinenser am Hals (Foto: Reuters)
Bild: Getty Images/AFP/A. Gharabli

Zwei Messerangriffe auf Israelis in Jerusalem haben Sorgen vor einer Verschärfung des Konflikts mit den Palästinensern angefacht. Innerhalb weniger Stunden waren vier Menschen getötet worden, darunter zwei palästinensische Angreifer. Die israelische Regierung entschied anschließend, dass zwei Tage lang bis auf direkte Anwohner keine anderen Palästinenser mehr die Jerusalemer Altstadt betreten dürfen.

In der Anordnung heißt es, nur die Bewohner der Altstadt, israelische Staatsbürger, Touristen, Ladeninhaber und Besucher von dortigen Bildungsstätten dürften am Sonntag und Montag die Altstadt betreten. Das Verbot betrifft damit einen Großteil der 310.000 palästinensischen Einwohner der Stadt.

Palästinenser werfen Israel Provokation vor

Die palästinensische Regierung warf Israel daraufhin eine bewusste "Eskalation" der Spannungen in Ost-Jerusalem und im Westjordanland vor. In einer Stellungnahme aus Ramallah war von einer "provozierten Zuspitzung" die Rede.

Jüdische Rettungkräfte schieben einen Kinderwagen beiseite (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Awad

Am Samstag hatte ein Palästinenser einen Soldaten erstochen, der mit Frau und Kindern unterwegs war und einen jüdischen Geistlichen, der ihnen zu Hilfe eilte. Der Angreifer wurde von der Polizei erschossen. Die Extremistengruppe Islamischer Dschihad bekannte sich zu der Tat. Am frühen Sonntag stach ein anderer Palästinenser einen 15-Jährigen nieder. Das Opfer wurde verletzt in ein Krankenhaus gebracht, der Angreifer ebenfalls von Polizisten erschossen.

Militäroperation angedroht

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief eine Krisensitzung mit seinen Sicherheitsberatern ein. Am Montag soll das Sicherheitskabinett über die Gewalt beraten. Israels Geheimdienstminister Israel Katz drohte angesichts der "Terrorwelle" mit einer neuen breiten Militäroperation. Die Zeitung "Jediot Acharonot" schrieb als Reaktion auf die beiden Messerangriffe auf ihrer Titelseite von einer dritten Intifada - auch wenn die Gewalt nicht so stark eskaliert ist wie bei den bisherigen Palästinenser-Aufständen.

Al-Aksa Moschee und Felsendom auf dem Tempelberg (Foto: dpa)
Das Areal, auf dem heute der Felsendom (hinten) und die Al-Aksa-Moschee stehen, ist Muslimen und Juden heiligBild: picture alliance/CPA Media

Seit drei Wochen ist die Lage rund um den Tempelberg in der Altstadt besonders angespannt, immer wieder gibt es Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei. Der Ort, an dem bis ins 1. Jahrhundert der Jüdische Tempel stand und wo vor 1300 Jahren der islamische Felsendom und die Al-Aksa-Moschee errichtet wurden, gilt beiden Religionen als zentrale heilige Stätte.

Konflikt beim Gebet

Wegen mehrerer religiöser Feste, die am Montagabend enden, kam es jetzt verstärkt zu Nutzungskonflikten. Die Lage hatte sich weiter zugespitzt, als am Donnerstag nahe Nablus im Westjordanland ein jüdisches Siedlerpaar vor den Augen seiner vier kleinen Kinder von Attentätern erschossen wurde. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte sich am Mittwoch bei einer Rede vor der UN-Vollversammlung von den Friedensverträgen mit Israel losgesagt. Die USA zeigten sich beunruhigt über die Entwicklung. Der Sprecher des Washingtoner Außenministeriums, John Kirby, rief alle Seiten auf, eine Eskalation der Lage zu verhindern.

Für die Sicherheit auf dem Tempelberg sind die israelischen Behörden zuständig. Die zivile und religiöse Verwaltung des Geländes mit der Moschee und dem islamischen Felsendom unterliegt der muslimischen Stiftung Waqf mit Sitz in Jordanien. Laut einer Jahrzehnte alten Vereinbarung dürfen Juden den Berg zwar besuchen, aber nicht auf der offenen Ebene vor der Moschee beten. Die Palästinenser befürchten, dass die Regierung Netanjahu den Status des Tempelbergs verändern will. Netanjahu bestreitet dies.

uh/kle (dpa,afp,rtr)