Joachim Gauck geht - ein Rückblick in Bildern
Joachim Gauck wollte nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren, obwohl viele das gerne gesehen hätten. Er war sich seiner Gesundheit nicht mehr sicher. Mehr als vier bewegte Jahre liegen hinter ihm.
Die "Gauck-Behörde"
Zehn Jahre lang verwaltete Joachim Gauck die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Als Bürgerrechtler war er 1990 in die letzte Volkskammer der DDR gewählt worden; das Gremium schlug ihn für das Amt vor und die Bundesregierung folgte dem Votum. Bis heute trägt die Institution zur Verwaltung der Stasi-Unterlagen inoffiziell seinen Namen: "Gauck-Behörde".
Kandidat des Volkes
Nachdem er "seine" Behörde im Jahr 2000 verlassen hatte, wirkte Gauck als Publizist und politischer Aktivist. Nach dem überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler 2010 brachten ihn SPD und Grüne als Kandidat ins Spiel. Die Medien stilisierten ihn zum Kandidaten des Volkes. Doch er unterlag im letzten Wahlgang dem Kandidaten der schwarz-gelben Bundesregierung, Christian Wulff.
Bundespräsident im zweiten Anlauf
Knapp zwei Jahre später trat auch Christian Wulff zurück. Wieder plädierten die Oppositionsparteien für Gaucks Kandidatur. Diesmal unterstützte ihn auch die Bundesregierung. Bei einer Umfrage befürworteten 69 Prozent der Befragten eine Wahl Gaucks. Das Wahlergebnis am 18. März 2012 war noch deutlicher: Im ersten Wahlgang entfielen 991 von 1228 gültigen Stimmen der Bundesversammlung auf Gauck.
First Lebensgefährtin
Joachim Gauck war anders als seine Vorgänger. Er war der erste parteilose Amtsin-haber. Auch war er der erste, den bei offiziellen Anlässen nicht seine Gattin begleitete, sondern Lebensgefährtin Daniela Schadt, mit der er seit 2000 zusammenlebt. Von Ehefrau Gerhild Gauck, mit der er vier Kinder hat, lebt er seit 25 Jahren getrennt.
Freiheit, die Gauck meint
Gaucks Kernthema ist die Freiheit, von der er gern als "Ermächtigung" des Einzelnen spricht. Kritiker werfen ihm vor, er rede damit in schnödem Anti-Kommunismus dem Egoismus das Wort. Andere verstehen Gaucks Freiheitsdiskurs als Plädoyer für Mündigkeit: Freiheit bedeutet demnach nicht automatisch Glück oder Zufriedenheit, sondern existenzielle Eigenverantwortung - jenseits staatlicher Macht.
Kantiger Repräsentant
Als völkerrechtlicher Vertreter der Bundesrepublik Deutschland hat Gauck zahlreiche Länder und Amtskollegen besucht. Diplomatisch war er dabei nicht immer: In der Türkei warf er der Regierung des damaligen Premiers Erdogan im April 2014 Zensur, juristische Einflussnahme und einen autoritären Stil vor. Erdogan schimpfte über Gauck, der blieb gelassen: "Ich habe getan, was meine Pflicht ist."
Geschickter Rhetoriker
Im März 2016 sprach Gauck mit Schanghaier Studenten über das Misstrauen, das zwischen Staat und Bürgern entstehe, wenn die Regierung nicht durch freie Wahlen legitimiert sei. Gauck hatte von der DDR gesprochen, Chinas Führung blieb gelassen, zensierte den Text aber dennoch. Die unausgesprochenen Parallelen kamen trotzdem an - dank einer Übersetzung, die im chinesischen Internet kursierte.
Unerhörte Weitsicht
Zwei Monate nach seinem Türkei-Besuch 2014, bei dem er auch ein Auffanglager an der Grenze zu Syrien besucht hatte, wies Gauck auf die wachsende Zahl der Bootsflüchtlinge hin und mahnte Handlungsbedarf an: schnellere Asylverfahren, den Schulterschluss mit den EU-Partnern, mehr Pragmatismus im Rahmen des politisch Machbaren. Das war 14 Monate vor Angela Merkels "Wir schaffen das."
Rühmlicher Abgang
Joachim Gauck hat dem Amt des Bundespräsidenten zu neuer Anerkennung verholfen. Nachdem seine beiden Vorgänger vorzeitig aus dem Amt geschieden waren, hat er seinen Abschied von Schloss Bellevue sehr menschlich und verantwortungsbewusst begründet: Er könne nicht mehr garantieren, eine weitere Amtszeit gesundheitlich durchzustehen.
Mut zu Deutschland und zur Freiheit
In einer seiner letzten großen Reden ermutigte Gauck die Deutschen zu mehr Selbstbewusstsein, zu einem "aufgeklärten Patriotismus". Was aber deutlicher in Erinnerung bleiben dürfte, ist sein ständiges Plädoyer für die Freiheit. Die, so Frank-Walter Steinmeier in der Rede nach seiner Wahl zu Gaucks Nachfolger, verkörpere der scheidende Präsident "mit jeder Faser".