Jobs für Flüchtlinge?
25. Januar 2017Irgendwie sei das alles nicht so einfach, wie er sich das vorgestellt hätte. Der stämmige Mann, der hinter einem kleinen Stand eingeklemmt auf seinem Stuhl sitzt, schüttelt den Kopf. Offiziell darf er sich nicht äußern - dafür hat die Sicherheitsfirma, für die er arbeitet, schließlich eine Presseabteilung - aber dann fängt er doch an zu reden: Es sei nun mal nicht einfach mit den Flüchtlingen, sagt er.
Seine Firma vermittelt und bildet Menschen zu Sicherheitsbeamten aus, zu Mitarbeitern am Empfang, aber auch Reinigungskräften. Das größte Problem sei ganz klar die Sprache - aber auch die Sicherheitsüberprüfung. Wie solle man überprüfen, ob etwa ein Flüchtling in Syrien vorbestraft sei? Er schüttelt den Kopf.
Andere sind optimistischer an diesem Morgen im großen Messehotel Estrel in Berlin. Rund 200 Berliner Aussteller haben sich zur zweiten "Jobbörse für Geflüchtete" eingefunden: Reinigungs- und Pflegedienste, aber auch Hotels, Cateringfirmen und Pharmaunternehmen. Zusammen gezählt bieten sie fast 3000 offene Ausbildungsplätze, Praktika und auch ein paar Jobs an. Rund 4500 arbeitssuchende Geflüchtete haben sich angemeldet. Die Messe sei, verkünden die Veranstalter stolz, restlos ausgebucht.
Am Morgen laufen einige Flüchtlinge, meist in kleinen Grüppchen, an den Ständen entlang: Etwa Geet und Mammeet Vohra, zwei Geschwister aus Kabul. Sie sind geflohen, so erzählen sie, weil sie als Hindus verfolgt und diskriminiert wurden. Die beiden Teenager gehen jetzt in Deutschland zur Schule, danach wollen sie eine Ausbildung machen: Geet als Innendesignerin, Mammeet als Informatiker. Sie sind optimistisch, sagen sie und lächeln, dass sie beide ihren Traumjob finden werden.
Vom Beamten zum Praktikanten?
Hamza Al-Haj Said, ein 28-jähriger Syrer aus Damaskus in einem gestreiften Pulli, gibt sich weniger hoffnungsvoll: Früher hat er als Beamter im Verbraucherschutz gearbeitet, er hat einen Master in Lebensmitteltechnologie. Jetzt hofft er auf einen Praktikumsplatz.
Er zuckt mit den Schultern: Die deutsche Arbeitswelt sei eben anders, die deutschen Firmen wollten viel Erfahrung. Er habe sich damit abgefunden, erst ein Praktikum zu machen - alles, was nötig ist, um nur nicht mehr arbeitslos zu sein: "Wenn man nur zu Hause rumsitzt, ist das schwierig."
Der Syrer sagt, er habe bereits mit zwei Pharmaunternehmen gesprochen: Die hätten ihm empfohlen, auf die Webseite zu schauen und sich dann zu bewerben. Das wird er tun, sagt er, - und warten. Damit hat er schon einige Erfahrung: Er habe sich schon bei etlichen Betrieben beworben. Bislang ohne Erfolg.
Größtes Problem: Sprache und fehlende Zertifikate
Damit ist er nicht allein: Die Arbeitssuche benötige vor allem viel Geduld, erläutert Raimund Becker von der Bundesagentur für Arbeit. Denn nur eine geringe Zahl der Menschen, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, seien Ärzte oder Ingenieure: "Etwa 70 Prozent haben nicht die Bildungszertifikate, die wir in Deutschland gewöhnt sind."
Deutschland sei eben, sagt Becker, ein "zertifikatverliebtes Land". Menschen, die vielleicht jahrelang als Mechaniker oder Elektriker gearbeitet haben, passen nicht in das deutsche Ausbildungs- und Abschlusskonzept.
Hinzu kommen Sprachprobleme: Viele müssen erst noch Deutsch lernen. Doch diese Hürden ließen sich überwinden: Schließlich hätte die Regierung in den vergangenen Monaten "sehr viel" in Integrations- und Sprachkurse investiert. Durch Praktika könnten Betriebe den Wissensstand ihrer potenziellen Mitarbeiter ausloten.
Insgesamt habe sich die Zusammenarbeit mit den Behörden - Arbeitsämtern wie Ausländerbehörden - in den vergangenen Monaten verbessert, sagt Robert Bar, von der Organisation jobs4refugees.org, die Flüchtlinge in die Arbeitswelt vermittelt. Herrschte noch vor einem Jahr oft Chaos in überarbeiteten Berliner Behörden, hätte man jetzt feste Ansprechpartner. Es gebe viele positive Beispiele von Flüchtlingen, die seine Organisation in Arbeit vermittelt habe. Trotzdem: Man müsse viel Bürokratie erledigen.
Arbeitssuche dauert bei Geflüchteten länger
Auch die sogenannteVorrangprüfung sei vielerorts gelockert beziehungsweise ganz abgeschafft worden. Bisher musste bei einem Jobangebot immer zuerst geprüft werden, ob für die Stelle auch ein Deutscher oder ein EU-Bürger infrage kommt.
Doch trotz aller Verbesserungen: Für Flüchtlinge dauere im Regelfall der Weg in die Beschäftigung einfach länger als bei anderen, sagt Becker von der Bundesagentur für Arbeit: "Um einen jungen Geflüchteten zum Facharbeiter zu machen, da vergehen fünf bis sechs Jahre."
Auch deshalb sprechen manche Mitarbeiter der Arbeitsagentur, die in Berlin vertreten sind, lieber von einer "Kontaktbörse", bei der sich Arbeitgeber und Geflüchtete "beschnuppern" können. Das sei doch ein erster Schritt, sagt einer der Mitarbeiter.