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Journalistenmorde bis heute unaufgeklärt

Debarati Guha11. Februar 2013

Ein Jahr ist seit der Ermordung zweier Journalisten in Bangladesch vergangen. Ihre Familien fordern nun eine unabhängige internationale Untersuchung des Falls.

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Bloggers staged a protest in Dhaka, Bangladesh against inaction by police & administartion regarding investigation of of Sagar-Runi murder case. Copyright: DW/Harun Ur Rashid Swapan 11.05.2012, Dhaka
Blogger Protest in DhakaBild: DW

Als die Fernsehjournalisten Sagar Sarowar und seine Frau Meherun Runi am 11. Februar 2012 in ihrem Haus in der Hauptstadt Dhaka ermordet wurden, versprach die Innenministerin Bangladeschs, Shahara Khatun, dass die Mörder innerhalb von 48 Stunden festgenommen würden. Auch Premierministerin Shaikh Hasina sicherte zu, sich persönlich um Megh, den 6-jährigen Sohn der Journalisten zu kümmern.

Ein Jahr später bezeichnet Informationsminister Hasanul Haq Inu den bisherigen Verlauf der polizeilichen Untersuchungen als "Schande für die Demokratie". Tatsächlich hat die Polizei bis heute weder ein Motiv noch Verdächtige für den Doppelmord ausmachen können.

In den Medien wird über die Hintergründe spekuliert: Runi könnte bei ihren Recherchen über Korruption im Energiesektor herausgefunden haben, dass möglicherweise mächtige Politiker involviert waren, heißt es. Das Motiv der Killer könnte demnach gewesen sein, Beweise zu vernichten, bevor sie veröffentlicht werden konnten. Das Manuskript eines entsprechenden Berichts war, diesen Vermutungen zufolge, auf einem Laptop gespeichert, der seit der Mordnacht verschwunden ist.

Ruf nach Gerechtigkeit

Runis Bruder Nowsher Roman fordert Gerechtigkeit für seine Schwester und ihren Ehemann: “Im ganzen letzten Jahr haben wir mit Schmerz, Frustration und Furcht gerungen. Es gibt keine Worte, die unser Leid beschreiben könnten. In all dieser Zeit wurden wir immer wieder hingehalten durch falsche Sympathiebekundungen und Versprechungen, dass die Täter gefasst und Gerechtigkeit hergestellt würde."

Description: Bloggers in Dhaka protested against the attack on Asif Mohiuddin. Asif Mohiuddin, 29, was attacked on Monday night by three unidentified men near his office in Dhaka's upscale Uttara district. Declaration: Blogger Sharat Chowdhury shared these photos via Babu Ahmed with DW for Online use. zugeliefert von: Arafatul Islam (Arafatul.Islam@dw.de)
Blogger protestieren gegen die Messerattacke auf ihren Kollegen Asif MohiuddinBild: Sharat Chowdhury

Nach dem Doppelmord waren Journalisten und Blogger in Bangladesch auf die Straße gegangen. Sie forderten die Verhaftung der Verantwortlichen. Das Vertrauen in die Fähigkeiten der Behörden ist seither weiter geschwunden. Kaum ein Journalist glaubt noch daran, dass eine effektive Untersuchung durchgeführt wird. Sie setzen ihre Protestmärsche dennoch fort.

Inkompetenz der Behörden

Viele Journalisten sind der Ansicht, dass bei den Untersuchungen von Anfang an gepfuscht wurde. Sie weisen auf die Tatsache hin, dass die Polizei gleich nach der Entdeckung der Leichen versäumt habe, den Tatort zu sichern. Sie hätte Medienvertretern und Schaulustigen erlaubt, den Tatort zu betreten, wodurch mögliche Spuren zerstört worden seien. Sichergestellte DNA-Spuren seien erst vier Monate später an ein Laboratorium in den USA geschickt worden. Die Polizei Bangladeschs behauptete, sie haben keine Labors, um entsprechende Tests durchzuführen.

Auch Nur Khan, Direktor der Menschenrechtsorganisation "Ain o Salish Kendra" (ASK) aus Dhaka beschreibt die Verzögerung bei der Untersuchung als "sehr beklagenswert, denn mit ihren fortlaufenden DNA-Tests und zahlreichen Verhaftungen schlägt die Polizei lediglich Zeit tot, sonst nichts." Khan bezieht sich dabei auch auf die Verhaftung von mehreren Verdächtigen, die später alle ohne Anklage wieder freigelassen wurden.

Bangladeshi Journalists observed a token hunger strike in Dhaka and all over the country to mount pressure on the government to identify, arrest and try the killers of the DW former Editor Sagar Sarwar and his wife Meherun Runi, who were killed in their house in Dhaka on February 11, 2012. Copyright: DW/Harun Ur Rashid Swapan
Schon vor einem Jahr machten Journalisten in Dhaka auf die unhaltbaren Zustände aufmerksamBild: DW/Harun Ur Rashid Swapan

Internationale Untersuchung

Die Familien der ermordeten Journalisten fordern angesichts dieser Entwicklung nun eine unabhängige internationale Untersuchung. Die Mutter von Sarar Sarowar, Saleha Munir, befürchtet nämlich, dass die Polizei kein wirkliches Interesse daran hat, die Schuldigen zu finden. Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen meint, dass von Vornherein eine spezielle Untersuchungskommission hätte eingesetzt werden müssen.

Die Polizei, die unter Erfolgsdruck steht, scheint nun mit den Ermittlungen von vorne beginnen zu wollen. Sie befragt den 6-jährigen Megh, den Sohn des ermordeten Jounralistenpaares und einzigen Zeugen, wie schon vor drei Monaten. Dieser Weg war für Reporter Ohne Grenzen schon damals völlig inakzeptabel: "Die wiederholte Befragung eines durch die Ermordung seiner Eltern traumatisierten Kindes ist ein illegaler und unmenschlicher Akt, der jeder rationalen Logik widerspricht", heißt es in einer Erklärung vom November 2012.

Gefährliches Pflaster für Journalisten

Der Fall zeigt erneut, wie gefährlich die Arbeit von Journalisten in Bangladesch ist und wie selten die Behörden die Übergriffe auf Journalisten aufklären. Das Land steht auf der jüngsten Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen sehr weit unten: auf Platz 144 von insgesamt 179 erfassten Staaten. Damit ist es im Vergleich zu 2011 um 15 Plätze abgerutscht.

Reporter ohne Grenzen hat wiederholt auf die schlechter werdende Situation hingewiesen. Immer wieder würden Jounralisten und Blogger ohne Angabe von Gründen verhaftet, schikaniert und sogar ermordet. Investigativ arbeitende Reporter erhielten Drohungen, und ebenso die Medienunternehmen, die deren Recherchen veröffentlichen wollten. Reporter ohne Grenzen vermutet, dass "kriminelle Gruppen" hinter solchen Angriffen stecken, kritisiert aber auch die Polizei für Schikane gegenüber Journalisten.