Juliette Gréco ist gestorben
23. September 2020Juliette Gréco hat mit ihrer dunklen Stimme die schönsten Lieder über Liebe und Leid ins Mikrofon gehaucht. Nun hat sich die Grande Dame des französischen Chansons im Alter von 93 Jahren von der Welt der Musik für immer verabschiedet. Die französische Sängerin starb in ihrem Haus in Ramatuelle in Südfrankreich. Sie sei im Kreis ihrer Angehörigen gestorben, heißt es in einer Mitteilung der Familie. Der Nachwelt hinterlässt sie Hunderte von Liedern und Interpretationen, darunter "Sous le ciel de Paris" oder "Déshabillez-moi".
Mit Gréco ist nach Édith Piaf und Barbara die letzte große Chansonnette Frankreichs von der Bühne gegangen. Jahrzehntelang hat sie die Lieder der größten Chansonniers wie Jacques Brel und Brassens interpretiert und die schönsten Texte von Schriftstellerinnen und Schriftstellern wie Françoise Sagan, Jacques Prévert, François Mauriac und Albert Camus vorgetragen. "Si tu t'imagines" oder "L'Éternel féminin" gehörten Ende der 1940er-Jahre zu ihren großen Hits. Gréco wurde in den 50er- und 60er-Jahren dann mit Chansons wie "L'accordéon", "La Javanaise" und "Déshabillez-moi" weltberühmt. Von 1948 an spielte Gréco auch Filmrollen, zunächst in Frankreich unter anderem unter der Regie von Jean-Pierre Melville, später arbeitete sie auch in Hollywood mit John Houston, Orson Welles oder Richard Fleischer. In der überaus populären Mini-Serie "Belphégor oder das Geheimnis des Louvre" spielte sie eine ihrer populärsten Rollen.
Würdigungen durch Spitzenpolitiker
Gréco sei Eleganz und Freiheit gewesen, schrieb Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Mittwochabend auf Twitter. "Ihr Gesicht und ihre Stimme werden unser Leben weiterhin begleiten." Die "Muse von Saint-Germain-des-Prés" sei unsterblich, schrieb Macron.
Gréco habe für die Freiheit gesungen, schrieb der ehemalige Präsident François Hollande auf Twitter. Sie habe die größten Rollen verkörpert und die Entwicklungen der französischen Gesellschaft immer begleitet. Die wiedererkennbare Stimme Grécos werde schmerzlich vermisst werden, schrieb die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ebenfalls auf Twitter. Sie nannte Gréco eine Pariser Ikone.
Ein Philosoph entdeckte sie
Entdeckt wurde die zierliche Frau mit der tiefen Stimme kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von dem Philosophen Jean-Paul Sartre, der sie in einem Pariser Kellerlokal traf und einen der ersten Liedtexte für sie schrieb. Die Interpretin wurde danach international mit ihren Chansons bekannt. Ab 1959 trat sie auch als eine der ersten Französinnen nach dem Krieg in Deutschland auf.
Gréco war dreimal verheiratet. Aus erster Ehe mit dem Schauspieler Philippe Lemaire hatte sie eine Tochter. Geboren wurde Gréco am 7. Februar 1927 im französischen Montpellier. Ihre Kindheit verbrachte sie größtenteils bei der Großmutter und in einem Kloster, denn ihren Vater kannte sie kaum und ihre Mutter war während des Zweiten Weltkrieges in den Widerstand getreten. Obwohl ihre Mutter und Schwester Opfer der Gestapo waren, trat sie als eine der ersten französischen Sängerinnen 1959 im Nachkriegsdeutschland auf.
Ein "Merci" ging auch nach Deutschland
Ihren Abschied von der Musikwelt hatte sie gut vorbereitet. Mit einer Tournee, die sie 2015 begann, bedankte sie sich bei ihren treuen Fans. Man müsse wissen, wann der Zeitpunkt gekommen sei, aufzuhören, sagte sie. Sie singe seit 65 Jahren, das sei ein langes Arbeitsleben. Ihre Abschiedstournee "Merci" hatte sie auch nach Deutschland geführt.
haz/MM (dpa, afp)