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Was auf Spaniens Toptalent Ansu Fati zukommt

26. August 2019

Selbst Lionel Messi ist begeistert. Der erst 16 Jahre alte Ansu Fati gibt ein umjubeltes Liga-Debüt für den FC Barcelona. Doch auch auf ihn dürften schwerere Tage zukommen. Die Anforderungen an junge Spieler sind hoch.

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Ansu Fati, FC Barcelona
Bild: Getty Images/A. Caparros

"Träume werden wahr", schrieb Ansu Fati schon in der vergangenen Woche auf Instagram, als er mit der ersten Mannschaft des FC Barcelona trainieren durfte. Jetzt wird man ihn wohl auf Wolke sieben antreffen. Am Sonntag gab Fati sein Debüt in der Primera Division, der ersten spanischen Liga. Beim 5:2-Erfolg gegen Betis Sevilla wurde er in der 78. Minute eingewechselt, unter donnerndem Applaus von den Rängen. Nach dem Abpfiff umarmte ihn Superstar Lionel Messi im Kabinengang. Mehr geht kaum, denn Fati erlebte seinen "magischen" Sonntag im Alter von nur 16 Jahren, neun Monaten und 25 Tagen. Er ist damit der zweitjüngste Ligadebütant in der Barça-Geschichte, nur Abwehrspieler Vicente Martinez war 1941 um 18 Tage jünger.

Ansu Fati wurde 2002 im westafrikanischen Staat Guinea-Bissau geboren, hat aber auch einen spanischen Pass. Seit 2013 wird der Linksaußen in der Jugendakademie des Renommierklubs FC Barcelona ausgebildet. In seinem aktuellen Vertrag, der bis 2022 läuft, ist eine Ablösesumme von 100 Millionen Euro festgeschrieben. Und jetzt das frühe Liga-Debüt vor knapp 80.000 Zuschauern. "Ich denke, erstmals im Camp Nou zu spielen, ist beeindruckend, kann aber auch einschüchtern", sagt Johanna Belz, Sportpsychologin an der Deutschen Sporthochschule in Köln. "Wenn man das erste Mal unter großem Applaus eingewechselt wird, macht das stolz und stärkt das Selbstbewusstsein. Es kann aber auch überheblich machen, wenn man schon mal mit Messi und Griezmann gespielt hat und dann in seine Juniorenmannschaft zurückkehren muss."

Ansu Fati, FC Barcelona
Ansu Fati begeisterte in der Schlussphase des Spiels gegen Betis Sevilla die Fans des FC BarcelonaBild: Getty Images/A. Caparros

Allerdings, so die 33 Jahre alte Wissenschaftlerin, sei Fati auf diesen Tag X gut vorbereitet gewesen: "Fati hat schon bei der U19 und der zweiten Mannschaft des FC Barcelona gespielt. Er kennt also die Kultur des Vereins, das Stadion und hat wahrscheinlich auch schon Kontakt mit den anderen Spielern gehabt. Das sind gute Voraussetzungen."

Bundesliga: Ausnahme im Rahmen der Talentförderung

Der jüngste Spieler in der Geschichte der Bundesliga war Nuri Sahin, der 2005 im Alter von 16 Jahren, elf Monaten und zwei Tagen erstmals für Borussia Dortmund auflief. Möglicherweise wird ihn in nicht allzu ferner Zukunft Youssoufa Moukoko ablösen. Der erst 14 Jahre alte in Kamerun geborene Deutsche spielt bereits in der U19-Mannschaft des BVB und wird dort - ähnlich wie Fati beim FC Barcelona - mit Lobeshymnen geradezu überschüttet.

Fußball Nuri Sahin als jüngster Bundesligatorschütze
Nuri Sahin bei seinem Bundesliga-Debüt 2005Bild: Getty Images/Bongarts/J. Pitman

In der höchsten deutschen Spielklasse dürfen Minderjährige nur ausnahmsweise eingesetzt werden, im Rahmen der Talentförderung. Die Bundesliga-Klubs müssen dazu bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) einen Antrag stellen, die Erziehungsberechtigten müssen zustimmen, ein Sportarzt muss erklären, dass er den Einsatz für unbedenklich hält. In jenem Jahr muss der Spieler mindestens sein 17. Lebensjahr vollenden. Zudem muss er schon für eine DFB-Auswahl oder eine Auswahl eines Landesverbands gespielt haben.

Aus sportpsychologischer Sicht gebe es keine allgemeine Altersgrenze, die einen guten Start in den Profifußball garantiere, sagt Johanna Belz von der Sporthochschule Köln. Es hänge immer vom einzelnen Spieler ab: "Die jungen Spieler haben in der Pubertät und Jugend ohnehin schon viele Entwicklungsaufgaben zu meistern, etwa Beziehungen einzugehen, sich von den Eltern zu lösen. Und dann kommt noch der Profisport dazu. Da darf man nicht nur auf Leistung schauen, sondern muss auch darauf achten, dass sie sich persönlich gut weiterentwickeln und psychisch und körperlich gesund bleiben. Das ist eine unheimlich große Anforderung."

Probleme kommen, wenn es nicht läuft

Die Schwierigkeiten, so Belz, stellten sich ohnehin selten beim Debüt ein, sondern eher wenn es sportlich nicht so gut laufe: "Was passiert im Fall einer Niederlage? Wie verhalte ich mich vor der Presse? Was sage ich, was sage ich nicht? Lasse ich mich von meinen Emotionen leiten oder nicht?" Die Wissenschaftlerin weist darauf hin, dass der DFB die Nachwuchszentren der Bundesligisten verpflichtet hat, Sportpsychologen zu beschäftigen, um die jungen Spieler mit zu unterstützen. "Aber man kann sie nicht auf alles vorbereiten. Der Fußball ist so ein schnelllebiges Geschäft. Da geht es teilweise um Entscheidungen, die selbst für Erwachsene schwer zu treffen sind."

Youssoufa Moukoko
BVB-"Rohdiamant" Youssoufa Moukoko sorgt als 14-Jähriger in der U19-Bundesliga für FuroreBild: Getty Images/Bongarts/L. Schulze

Zudem gebe es möglicherweise auch "Spielerberater oder Trainer, die nicht unbedingt das Interesse des jungen Fußballers vertreten, sondern eher die eigenen Interessen. Davor muss man die jungen Spieler schützen. Sie benötigen ein gutes Netzwerk an Leuten, denen sie vertrauen: Eltern, Freunde, Mitspieler und gegebenenfalls einen Sportpsychologen."

Auch Ansu Fatu wird wohl noch andere Tage erleben als den glanzvollen vergangenen Sonntag. "Die mediale Präsenz, der er ausgesetzt ist, steigt. Er wird vielleicht auch bald mal mit Kritik konfrontiert, vom Trainer, den Mitspielern, aber auch Zuschauern. Er muss sich mit älteren Spielern wie Messi oder Griezmann vergleichen und sich gegen sie behaupten", sagt Sportpsychologin Johanna Belz. "Es ist nicht leicht für einen 16-Jährigen, sich in eine Profimannschaft einzufügen und sich die Akzeptanz zu erarbeiten." Auf Wolke sieben sitzt man in der Regel nicht lange.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter