Jupp Heynckes - die stille Fußball-Legende
Jupp Heynckes wurde am Samstag 75 Jahre alt. Eine Party hätte es auch ohne die Corona-Krise nicht gegeben. Typisch für den Menschen, Fußballer und Trainer vom Niederrhein.
Stille Legende
Jupp Heynckes wird am Samstag 75. Als einer der erfolgreichsten Fußball-Trainer der Welt sind ihm die Huldigungen gewiss, doch nach Feiern ist ihm nicht. Eine Party hätte es auch ohne die Corona-Krise nicht gegeben. "Ich hatte nicht vor, groß zu feiern", sagte Heynckes der Zeitung "Welt am Sonntag". "Den 75. werden wir ganz spartanisch daheim verbringen."
Emotionale Glückwünsche
Für Bastian Schweinsteiger war Jupp Heynckes mehr als ein Trainer. Der Coach mit dem grauen Haar war eine Leitfigur für den jungen Spieler, der Heynckes mit einem emotionalen Brief zum runden Geburtstag gratuliert und sich an gemeinsame Zeiten erinnert: "Für mich waren die Jahre mit Dir die vielleicht schönsten meiner Karriere", schreibt der Ex-Nationalspieler. Heynckes wird es gern lesen.
Der Höhepunkt
2013 ist Jupp Heynckes ganz oben: Der Sieg im DFB-Pokal-Finale 2013 gegen den VfB Stuttgart ist das letzte Puzzlestück zur perfekten Saison. Nach Meisterschaft und Champions League ist der Pokal das Tüpfelchen auf dem i. Und seine Spieler wissen, bei wem sie sich zu bedanken haben.
Mr. Triple
Mehr geht nicht. 2013 gelingt den Bayern also mit Trainer Heynckes das Triple. Er ist damit einer von weltweit acht Trainern, denen dieses Kunststück im europäischen Männerfußball geglückt ist. Mit den Trophäen posiert er pflichtschuldig, wirklich wohl fühlt er sich bei solchen PR-Terminen selten.
Treffsicher
Als Spieler ist Heynckes (2.v.r.) in den 1970er Jahren ein gefürchteter Torjäger. Mit Borussia Mönchengladbach gewinnt er vier deutsche Meistertitel, einmal den DFB-Pokal und den UEFA-Pokal. Zweimal wird er Torschützenkönig der Bundesliga.
Welt- und Europameister
Auch mit der Nationalmannschaft feiert Heynckes (7.v.l.) Erfolge. 1972 wird er Europameister, 1974 an der Seite von Franz Beckenbauer (2.v.r.) und Gerd Müller (5.v.l.) Weltmeister im eigenen Land.
Meistertrainer
1979 beginnt Heynckes seine Trainerkarriere in Mönchengladbach, acht Jahre später wechselt er erstmals zu den Bayern. 1989 (Bild) und 1990 werden die Münchener unter seiner Leitung deutscher Meister.
Männerfreundschaft
1991 wird Heynckes bei den Bayern entlassen. Uli Hoeneß (r.), damals noch Manager der Münchener, spricht später von der "größten Fehlentscheidung“ seiner Karriere. Seit dieser Zeit verbindet die beiden Männer eine tiefe Freundschaft, die dazu führt, dass Heynckes später mehrmals Hoeneß' Ruf folgt und an die Säbener Straße zurückkehrt.
Als Champion gefeuert
Seinen ersten internationalen Titel gewinnt Heynckes jedoch 1998 mit Real Madrid. Die "Königlichen" sichern sich mit einem 1:0 gegen Juventus Turin den Champions-League-Pokal. Trotz des Triumphs wird "Don Jupp" nach der Saison entlassen.
Zum zweiten Mal
Nach einem kurzen Bayern-Intermezzo 2009 als Interims-Nachfolger von Jürgen Klinsmann übernimmt Heynckes die Münchener 2011 erneut. Zwei Jahre später hält er nach dem 2:1-Sieg gegen Borussia Dortmund in London zum zweiten Mal in seiner Karriere den Champions-League-Pokal in Händen.
Mehr als 1000 Bundesliga-Partien
Bierduschen - wie hier durch Anatoli Timoschtschuk (l.) - hat Heynckes schon einige hinter sich. In jener so erfolgreichen Bayern-Saison 2012/2013 knackte er auch die magische Marke von 1000 Bundesliga-Spielen als Spieler oder Trainer.
Welttrainer
Und noch ein Titel krönt seine Zeit beim FC-Bayern: Die FIFA kürt Heynckes nach der Triple-Saison zum "Welttrainer 2013". Und die ganze Fußballwelt ist sich damals einig: Er hat es verdient.
Privatier
Oans, zwoa, drei - nach dem Triple verlässt der damals 68-Jährige die Trainerbank. "Erst einmal werde ich Privatmann sein", sagt Heynckes damals. "Ich möchte mein Leben genießen. Ich habe nicht vor, noch einmal zu trainieren." Er sollte sein Wort nicht halten. Als ihn Uli Hoeneß im Oktober 2017 bat, die kriselnden Bayern zu trainieren, willigte Heynckes ein - ein letztes Mal.
Abschied als Verlierer
Das Drehbuch sieht einen glanzvollen Abschied mit Trophäe vor, das Leben spielt anders: Jupp Heynckes verliert sein letztes Spiel - das DFB-Pokalfinale 2018 gegen Eintracht Frankfurt. Zuvor hat er allerdings mal wieder den Meistertitel geholt und bezeichnet das kurze Comeback als "Freundschaftsdienst" an Uli Hoeneß. Seitdem lebt Pensionär Heynckes auf seinem Bauernhof in Schwalmtal am Niederrhein.
Der Schatten des Meisters
Wer kann ihn auf Dauer adäquat ersetzen? Niko Kovac hat es nicht geschafft. Ob Hansi Flick es kann, muss sich noch zeigen. Der FC Bayern wünscht sich einen charismatischen Erfolgstrainer, der an Heynckes Errungenschaften anknüpfen kann. Die ohnehin schon hohen Ansprüche in München sind durch Heynckes noch gewachsen - seine Fußstapfen sind groß, das Triple bleibt die kaum zu erreichende Messlatte.