Jurist mit UN-Erfahrung
10. März 2004Lange bevor er neuer Regierungschef von Haiti wurde, hat Gérard Latortue es als Volkswirt und Jurist schon zum bislang ranghöchsten Mitarbeiter seines Landes bei den Vereinten Nationen gebracht. 22 Jahre lang arbeitete der Rechtsgelehrte für die UN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO) - von 1972 an zunächst fünf Jahre im westafrikanischen Togo, dann weitere fünf Jahre in Elfenbeinküste, und anschließend wechselte er in die Planungsabteilung der Organisation.
1984 wurde Latortue Verhandlungsführer der UNIDO, zwei Jahre später übernahm er deren Verhandlungsabteilung in Wien. 1988 ging er als Außenminister in seine Heimat zurück.
Kurzes Intermezzo als Außenminister
Gerade einmal vier Monate dauerte seine Zeit als Chefdiplomat, dann wurde die Regierung des damaligen haitianischen Ministerpräsidenten Martial Célestin durch einen Staatsstreich gestürzt. Latortue ging daraufhin zurück zur UNIDO und leitete sie als Stellvertreter bis 1994. Seit 1995 und bis zu seinem jüngsten Ruf nach Port-au-Prince war er Generalsekretär des Verbandes der Universitäten und Forschungseinrichtungen des Karibikraums, der seinen Sitz in Puerto Rico hat.
Der derzeit noch im Exil in Florida lebende Latortue wurde am 19. Juni 1934 in Gonaïves im Nordwesten Haitis geboren. Als Spross einer Juristenfamilie studierte er in seiner Heimatstadt sowie in der Hauptstadt Port-au-Prince Wirtschaft und Recht. Zwischen 1956 und 1960 setzte er seine Studien in Paris fort; ein Jahr darauf folgte er einem Ruf als Professor an die Jura-Fakultät in Port-au-Prince. 1963 ging er ins Exil nach Puerto Rico, wo er bis 1972 an der Inter-Amerikanischen Universität Wirtschaft lehrte. Latortue spricht Französisch, Kreolisch, Englisch und Spanisch. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
"Aristide ist Vergangenheit"
Als Ministerpräsident sehe er seine Hauptaufgaben in der Wiederherstellung von Sicherheit, Gerechtigkeit, Arbeitsplätzen und nationaler Versöhnung, sagte Latortue der Zeitung "South Florida Sentinel". Er wolle Haitianer aller politischen und sozialen Gruppierungen einbinden. "Ich denke, Aristide ist bereits Vergangenheit", betonte er. "Wir blicken jetzt nach vorne, um ein Haiti nach dem Desaster des Aristide-Regimes zu bauen." (mik)