"Die Berliner Mauer ist nicht irgendeine Leinwand"
12. August 2016DW: Warum malen Sie auf der Berliner Mauer? Was fasziniert Sie?
Victor Landeta: Als Kind war ich ein Nachrichten-Junkie. Als die Berliner Mauer 1989 fiel, war ich acht Jahre alt. Diese Zeit hat mich sehr geprägt. Mich haben dann die Bilder inspiriert, die ich auf der Berliner Mauer gesehen habe. Das war genau das, wonach ich gesucht hatte. Seit 2010 lebe ich jetzt in Berlin. Ich habe dann noch zwei Jahre gewartet, bevor ich das erste Mauerstück bemalt habe. Ich wollte es von ganzem Herzen!
Sie haben inzwischen ein Dutzend Bilder auf Segmente der Berliner Mauer gemalt …
Richtig. Ich habe mit der Serie der Friedensnobelpreisträger angefangen. Zuerst kam Willy Brandt, danach Nelson Mandela, Dalai Lama, Aung San Suu Kyi, Mutter Theresa und Gandhi, der als einziger keinen Nobelpreis erhalten hat. Das Ganze war beeinflusst von der Friedensidee.
Ich wollte mit diesen Mauerstücken ein Statement abgeben. Die Mauer hat einst Berlin geteilt und soviel Leid verursacht. Ich wollte das ins Positive wenden. Deswegen habe mich dazu entschlossen, Menschen darauf zu malen, die sich für den Frieden engagieren.
Sie haben gesagt, die Mauer habe viel Leid verursacht. Sie hat ja nicht nur die Stadt geteilt, sondern auch vielen Menschen den Tod gebracht. Hat Sie das nicht zögern lassen, darauf zu malen?
Ja, das ist mir bewusst. Deswegen habe ich nur eine Seite der Mauer bemalt und die andere Seite bewusst leer belassen - genau so, wie sie war.
Die Mauer ist eine Art steinerne Leinwand. Malen Sie darauf anders als auf einer gewöhnlichen Leinwand?
Ja und nein. Die Oberfläche der Mauer ist beschädigt, sie ist ja älter und rauer als eine neue Leinwand. Und natürlich ist die Mauer nicht irgendeine Leinwand. Man muss sich im Vorfeld schon genau überlegen, was man auf die Mauer malt. Ich muss davon schon sehr überzeugt sein. Aber grundsätzlich male ich nicht anders. Es ist fast dasselbe.
Wie läuft der Verkauf Ihrer Mauerbilder? Ist das Interesse groß?
Nicht wirklich. Es ist sehr hart. Ich male ja Politiker. Ich habe den Eindruck, dass keine Stadt und keine staatliche Institution Geld in die Hand nehmen will, um für Bilder zu bezahlen, die mit politischen Parteien in Verbindung stehen.
Können Sie sich denn vorstellen, völlig andere Sujets zu malen, etwa Blumen oder Landschaften?
Grundsätzlich ja, aber es geht immer um die Zielsetzung. Ich hatte mal einen Auftrag, Fußballbilder auf die Mauer zu malen. Das habe ich abgelehnt. Für mich ist die Mauer schon sehr wichtig, deswegen könnte ich nicht irgendetwas darauf malen wie etwa Blumen oder anderes. Für mich muss es etwas Bedeutungsvolles sein.
Was ist Ihr nächstes große Projekt?
Das wird in New York sein. Dorthin ist ein Mauersegment unterwegs, das ich im nächsten Jahr bemale. Was genau, das weiß ich noch nicht. Ansonsten habe ich weitere Projekte in New York und Kalifornien, aber da geht es nicht um die Berliner Mauer.
Die Mauer ist inzwischen Mangelware. Ist es schwierig, neue Mauersegmente für Ihre Kunstprojekte zu bekommen?
Ja das ist sehr schwierig. Im Moment habe ich nichts Neues in Aussicht.
Der Künstler Victor Landeta wurde in spanischen Baskenland geboren und lebt heute in Berlin. Er hat inzwischen zwölf Mauerbilder geschaffen. Neben seiner Serie der Friedensnobelpreisträger porträtierte er unter anderem auch Albert Einstein, die kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai und Michail Gorbatschow. Die meisten seiner Mauerbilder stehen in Berlin.
Das Gespräch führte Gero Schließ.