Kabinett beschließt Frauenquote für Vorstände
6. Januar 2021Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau sitzen muss. Für Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes gibt es noch strengere Regeln: Hier soll generell bereits bei mehr als zwei Mitgliedern in der Geschäftsführung mindestens eine Frau sein.
Außerdem müssen Firmen künftig speziell begründen, wenn sie für den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat ohne Frauen planen. Die Sanktionen bei Verletzung der Berichtspflichten sollen verschärft werden. Der Bundestag muss dem sogenannten Zweite Führungspositionen-Gesetz noch zustimmen.
73 Konzerne betroffen
Einer Studie zufolge hat fast die Hälfte der börsennotierten Unternehmen (44 Prozent), für deren Vorstände die Frauenquote künftig gelten soll, derzeit keine Managerin in dem Führungsgremium. Der Auswertung der Organisation Fidar (Frauen in die Aufsichtsräte) zufolge wären 73 Konzerne betroffen, bei 32 von ihnen sitzt bislang keine weibliche Führungskraft in der Topetage.
Die Regierungskoalition hatte sich nach langem Ringen im November auf einen Kompromiss für einen Mindestanteil von Frauen in Vorständen geeinigt. Für Aufsichtsräte von großen börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen gibt es bereits seit 2016 eine Frauenquote: Ab einer bestimmten Größe - in der Regel ab 2000 Beschäftigten - sollen 30 Prozent der Aufsichtsratsplätze mit Frauen besetzt werden. Diese Quote wurde 2017 erreicht und lag zuletzt bei 35,2 Prozent. Studien zeigen, dass Vorstandsposten dagegen nur zu zehn bis 13 Prozent mit Frauen besetzt sind.
Meilenstein für mehr Frauen
Die vom Bundeskabinett beschlossene Frauenquote für Unternehmensvorstände ist aus Sicht der beiden verantwortlichen Ministerinnen ein Meilenstein für mehr Frauen in Führungspositionen. "Es war nicht leicht, in der Koalition eine Einigung hinzubekommen. Wir haben das nach viel Diskussionen, nach viel Bemühen geschafft. Darauf bin ich stolz", sagte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) in Berlin nach dem Kabinettsbeschluss.
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von einem guten Tag für all die hochqualifizierten Frauen in Deutschland. "In Zukunft zählt die Qualifikation bei der Besetzung von Vorstandspositionen und nicht das Geschlecht." Die Frauenquote sei auch ein wichtiges Signal für junge Frauen. "Wer sich gut qualifiziert, wer sich entsprechend aufstellt, bekommt auch die Chance, die ihr oder ihm zusteht", sagte Lambrecht.
Die frühere Siemens-Managerin Janina Kugel begrüßte den Beschluss des Kabinetts und nannte die Frauenquote "ein sehr wichtiges Signal". "Durch eine Quote, ändern sich Bilder, ändern sich Einstellungen, und die Menschen sehen, was möglich ist", sagt sie der Deutschen Welle. Kugel, die auch als Befürworterin einer Quote in Vorständen bekannt ist, fügte hinzu: "Weil wir seit 15 Jahren einen weiblichen Kanzler haben, wird Deutschland in dieser Hinsicht als sehr progressiv wahrgenommen, es ist es aber nicht. Vielmehr ist es sehr konservativ, wenn es um das Verhalten von Vorbildern geht und was Männer und Frauen tun sollten."
kle/as (dpa, afp, rtr, epd, DW)