Kaffee: Der Stoff, aus dem die Träume sind
Die tägliche Tasse Kaffee trägt in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba schon auf der untersten Ebene zur wirtschaftlichen Entwicklung bei: Der Ausschank ermöglicht vor allen Frauen, sich eine eigene Existenz aufzubauen.
Mobiles Café
Das Geschäft mit der täglichen Tasse Kaffee folgt in Addis Abeba einer klaren Hierarchie: Ganz unten stehen die Frauen, die mit einer Thermoskanne, Tassen und Untertassen unterwegs sind. Eine Tasse Kaffee kostet drei Birr, umgerechnet 12 Eurocent. An einem guten Tag verdiene sie 40 Birr, erzählt die Kaffee-Verkäuferin Liya. Sie ist mit ihrem Job zufrieden.
Streben nach einem besseren Leben
Aster Endale ist es hingegen leid, den ganzen Tag über in der sengenden Sonne unterwegs zu sein. Sie möchte auf die nächsthöhere Stufe der Kaffee-Hierarchie und an einem traditionellen Verkaufsstand arbeiten, einer jebena buna, die typischerweise vor einem Restaurant oder einer Bar steht. "Jeder strebt nach einem besseren Leben, warum sollte ich sonst arbeiten?", fragt die 18-jährige.
Serviert mit einem Lächeln
"Die Kunden kommen, weil ich so freundlich zu ihnen bin und weil sie den traditionellen Kaffee sehr schätzen", sagt die 19-jährige Eyerusalem Mesele, die an einer jebena buna arbeitet, die vor einer Bar steht. Im Monat verdient sie rund 700 Birr, umgerechnet 28 Euro. "Ich spare das Geld, um eines Tages einen eigenen Kaffeestand aufzumachen", sagt sie.
Das Ausland lockt
"Meine Verwandten in Kuwait helfen mir dabei, dass auch ich eine Arbeitserlaubnis für das Land bekomme", erzählt die 21-jährige Roza Melese, Inhaberin einer jebena buna vor einem Hotel. Das Geschäft laufe gut, im Monat verdiene sie umgerechnet bis zu 40 Euro. In Kuwait hofft sie noch mehr Geld zu verdienen - um anschließend in Äthiopien einen größeren Betrieb zu eröffnen.
Der Traum vom eigenen Hotel
Roza Melese stabilisiert mit einer Hand ihren Arm, während sie den Kaffee eingießt, so wie es der Tradition entspricht. Wenn sie die Bewilligung bekomme, dann wolle sie im kommenden Mai nach Kuwait reisen und bis zu vier Jahre dort bleiben, um als Dienstmädchen zu arbeiten. Ihr Traum ist es, eines Tages in Äthiopien ein eigenes Hotel zu eröffnen und ein Auto zu besitzen.
Tradition exportieren
Auf der höchsten Stufe der Kaffee-Hierarchie stehen die etablierten Kaffeehäuser wie das Tomoca. Seit 1953 lockt es Kunden mit dem Geruch von frisch gerösteten Kaffeebohnen. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um aus unserer Geschichte Kapital zu schlagen", sagt Betriebsleiter Wondwossen Meshesha. Er plant, den Kaffee in andere ostafrikanische Länder und nach Europa und Asien zu verkaufen.
Neue Trinkgewohnheiten
Die wachsende Zahl an Kaffeeröstereien und Cafés zeigt, dass eine neue Trinkkultur entsteht - vor allem unter jungen Berufstätigen. "Die haben keine Zeit, eine Stunde lang zu Hause zu sitzen und Kaffee zu rösten", sagt Getachew Woldetsadick, der beim Kaffeehaus Alem Bunna für das Marketing zuständig ist. Auch er möchte in andere ostafrikanische Märkte und nach Europa und Asien expandieren.
Westlicher Einfluss
Kaldi’s Coffee liegt an der Bole Road, eine der angesagtesten Straßen in Addis Abeba. Hier trinken vor allem Ausländer und junge Äthiopier ihren Kaffee. Die Idee zu dem grün-weißen Logo kam der Gründerin auf einer Reise in die USA, wo sie von Starbucks inspiriert wurde.
Keine Zeit zu verlieren
Nachdem sie die Tassen gespült hat, packt Aster Endale schnell ihren Korb und überquert die Straße, auf dem Weg zu ihren nächsten Kunden. Jede verlorene Minute bedeutet, weniger Kaffee auszuschenken und weniger Geld zu verdienen. Noch, erzählt sie, habe sie nicht genug Geld für die Miete einer jebena buna auf dem Gelände eines Restaurants oder einer Bar beiseite legen können.