Kampfroboter statt Soldaten
21. Mai 2013Das Manöver ist auf den ersten Blick unspektakulär. Ein Kampfjet hebt von einem amerikanischen Flugzeugträger ab. Was in dem Video des US-Pentagons nicht zwangsläufig auffällt: Das Tarnkappen-Flugzeug vom Typ X-47B hat kein Cockpit. Es ist unbemannt, eine so genannte Drohne.
Was die US-Marine als Meilenstein bezeichnet, war der erste Start einer trägergestützten Großkampfdrohne von einem Flugzeugträger. Es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu immer eigenständigeren unbemannten Waffensystemen.
Roboter als Soldaten der Zukunft
Mehr als 70 Staaten nutzen bereits unbemannte Luftfahrzeuge, so genannte Drohnen. Diese sind in der Lage, Gebiete auszukundschaften, Ziele zu suchen und gegebenenfalls auch auszuschalten. Die Entscheidung dazu wird von Menschen getroffen - noch.
Denn der menschliche Einfluss auf die Technologie sinkt. Noch geben Menschen den Drohnen aus sicherer Entfernung Befehle. Doch die unbemannten Kampfmaschinen handeln zunehmend eigenständig. Bereits heute können Drohnen so programmiert werden, dass sie sich vollkommen autonom bewegen. Die X-47B-Drohne befindet sich noch in der Testphase. Einmal einsatzbereit, soll der Tarnkappen-Jet in der Lage sein, Missionen über weite Strecken eigenständig ausführen können, weitgehend ohne menschliches Eingreifen.
Noch gibt es keine Drohnen, die völlig selbstständig agieren und daher als autonome Kampfroboter bezeichnet werden könnten. Denn die Entscheidung, ob es zu einem Angriff kommt oder nicht, liegt immer noch beim Menschen. "Es ist aber zu befürchten, dass der militärische Druck letztlich die Einführung autonomer Systeme bewirkt", sagt Jürgen Altmann. Der Physiker und Friedensforscher an der TU Dortmund ist Mitbegründer des International Committee for Robot Arms Control (ICRAC), einer Nichtregierungsorganisation, die eine internationale Diskussion über Kampfroboter und Regeln zu deren Begrenzung fordert.
Maschinen ermüden nicht
Aus militärischer Sicht ist der Schritt zum mechanischen Soldaten logisch: Ferngesteuerte Roboter ermüden nicht und können riskantere Manöver vollbringen als menschliche Piloten, die zudem der unmittelbaren Gefahr des Abschusses ausgesetzt sind. Im Vergleich zu autonomen Systemen gerät auch die Fernsteuerung an ihre Grenzen: Die Kommunikation zwischen System und Lenker kann einige Sekunden kosten und so über Erfolg oder Scheitern einer Mission entscheiden.
In einem Strategiepapier des US-Verteidigungsministeriums heißt es, man strebe für die kommenden 20 bis 30 Jahre eine immer höhere Autonomie unbemannter Systeme an. Altmann ist sicher, dass nicht nur die USA auf dem Weg zu immer autonomer agierenden Waffensystemen sind: "Es werden andere Rüstungsproduzenten folgen, und damit wird ein Teil der Streitkräfte irgendwann vollautomatisiert kämpfen."
Kampagne gegen Killerroboter
Um einen Rüstungswettlauf zu verhindern haben ICRAC und weitere internationale Nichtergierungsorganisationen die "Stop Killer Robots"-Kampagne ins Leben gerufen. Die Kampagne fordert, die Entwicklung, die Produktion und den Einsatz autonomer Kampfroboter präventiv zu ächten.
Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger setzt sich ebenfalls für eine internationale Ächtung autonomer Waffensysteme ein: "Wir wären gut beraten, dieser Aufrüstungsdynamik nicht blind zu folgen, sondern uns Gedanken zu machen wie man die Risiken dieser Technologie wieder mehr in den Blick nimmt." Nach heutigen technischen Gegebenheiten sind Kampfroboter nicht in der Lage, den Unterschied zwischen Kombattanten und Zivilisten zu erkennen und somit nicht fähig, im Kampfeinsatz die Gebote des Völkerrechts zu berücksichtigen. Die Trennung von Soldat und Kampfgeschehen könnte zudem bewirken, dass die Hemmschwelle der Entscheidungsträger für militärische Gewalt sinkt, sind sich Agnieszka Brugger und Jürgen Altmann einig.
Zukunftsmusik für Deutschland
"Hier ist ein weltweites Rüstungskontrollsystem gefordert", sagt auch Roderich Kiesewetter (CDU), Oberst a.D. und Vorsitzender des Reservistenverbands der Bundeswehr. Vollständig verwehren dürfe man sich der Entwicklung aber nicht: "Wir müssen davon ausgehen, dass es Staaten geben wird, die bewusst auf vollautomatisierte Kampftechnik setzen. Deshalb müssen wir Verfahren entwickeln, um uns gegen solch autonome Systeme verteidigen zu können."
Ein Einsatz autonom agierender Kampfroboter ist bislang für Deutschland Zukunftsmusik. Das Entwicklungsprojekt um die europäische Aufklärungsdrohne "Euro Hawk", die wie die amerikanische X-47B-Drohne auf der "Global Hawk"-Technologie des US-Konzerns Northrop Grumman basiert, ist gescheitert. Die Entscheidung über die Anschaffung von Drohnen aus dem Ausland sowie die Debatte um eine Bewaffnung dieser ist auf die Zeit nach der Bundestagswahl im September verschoben.