"Kanzlers Kunst" im Hamburger Ernst Barlach Haus
War die Kunst ein Gegenpol für den kühl-analytischen Politiker Helmut Schmidt? Was sammelten er und seine Frau Loki? Die Schau "Kanzlers Kunst" verrät es.
Emil Nolde: "Dahlien"
Wie viele andere Expressionisten, so strebte auch Emil Nolde (1867-1956) nach Einheit von Leben und Kunst. Vielleicht war es das, was Loki und Helmut Schmidt so für die Kunst des Malers einnahm. Jedenfalls gehörte Nolde zu den Lieblingskünstlern des prominenten Paares und fand Eingang in ihre - von persönlichem Geschmack geprägte - Kunstsammlung.
Paula Modersohn-Becker: "Sitzender Junge..."
Paula Modersohn-Becker war eine deutsche Malerin, die zur Worpsweder Künstlerbewegung gehörte. Sie gilt als Vorläuferin des Expressionismus und Pionierin der Moderne. Aus ihren Motiven spricht die Suche nach der Einfachheit der Form in einer lebendigen Farbgebung. Das scheint die Schmidts an ihrer Kunst fasziniert zu haben. Der "Sitzende Junge in Dünenlandschaft" zählte zu ihrer Sammlung.
Otto Dix: "Mädchenhändler"
Otto Dix (1891-1969) war ein stilsicherer Allrounder. Seine Kunst lebte von Gesellschaftskritik und politischer Zuspitzung, weshalb die Nationalsozialisten seine Arbeit als "entartet" diffamierten. Die Sammlung von Loki und Helmut Schmidt enthält viele Werke aus jener Zeit - wie eben Dix' "Mädchenhändler".
Karl Schmidt-Rottluff: "Ostsee bei Sierksdorf"
Der Maler und Expressionist Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) verbrachte die Sommermonate gewöhnlich im Haus seines Freundes Günter Machemehl im Ostseebad Sierksdorf. Viele seiner Werke, für die sich auch Altkanzler Helmut Schmidt und seine Frau Loki erwärmen konnten, entstanden dort - wie das Bild oben. Es ist von 1956. Auch Schmidt-Rottluff zählte zu den von den Nazis verfemten Künstlern.
Otto Illies: "Sonnenuntergang am Falkenstein"
Der Falkenstein in Hamburg-Blankenese war ein häufiges Motiv des Hamburger Landschaftsmalers Otto Illies (1881-1959). Zwischen bewaldeten Hügeln versteckten sich einige der vornehmsten Villen der Hansestadt. Eine davon diente Helmut Schmidt als Zentrale, von der aus er als Hamburgs Innensenator den Einsatz der Retter bei der Flutkatastrophe 1962 steuerte.
Ernst Barlach: "Der singende Mann"
Mit Ernst Barlach, so viel steht fest, verband die Schmidts mehr als nur diese Bronze eines singenden Mannes. Gleich mehrere Plastiken des Bildhauers (1870-1938) fanden Eingang in ihre private Sammlung und zählten zum Interieur ihres Privathauses in Hamburg-Langenhorn. Schmidt nannte sie "menschliche Menschen". Für ihn, den kühl-analytischen Kopf, fungierte die Kunst offensichtlich als Gegenpol.
Ernst Eitner: "Das Uhlenhorster Fährhaus..."
Das Uhlenhorster Fährhaus war ein Gebäude am Ufer der Außenalster in Hamburg-Uhlenhorst und vor dem Zweiten Weltkrieg einer der beliebtesten Treffpunkte Hamburgs. Nach der Kriegszerstörung wurde die Ruine gesprengt. Viele Maler hatten das Fährhaus da bereits verewigt, auch Ernst Eitner (1867-1955). Sein Bild hängt noch bis Januar im Ernst Barlach Haus, als Teil der Ausstellung "Kanzlers Kunst".