Karlspreis für belarussische Oppositionelle
17. Dezember 2021Die belarussische Oppositionsführerin Tichanowskaja und zwei ihrer Mitstreiterinnen erhalten den Karlspreis 2022. Swetlana Tichanowskaja sowie Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo würden für ihren Mut und ihren ermutigenden Einsatz für Freiheit und Demokratie ausgezeichnet, teilte das Direktorium des Internationalen Karlspreises zu Aachen mit. Der Vorsitzende Jürgen Linden sagte, alle drei hätten den Preis "mit großer Freunde" angenommen.
Die Ehrung sei zugleich mit einem Aufruf "an alle politischen Entscheidungsträger" verbunden, sich dafür einzusetzen, dass in Belarus demokratischere Strukturen entstehen - und auch dafür, dass ungerechtfertigt Inhaftierte wie Kolesnikowa endlich freigelassen werden, sagte Linden.
Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen betonte, der Karlspreis werde damit "ein Stück weit zu einem politischen Preis". Die Aktivistinnen seien auch "starke Vorbilder für junge Menschen in Europa". Mit dem Karlspreis sollten sie politisch unterstützt werden.
Anführerinnen des Widerstands gegen Lukaschenko
Die Oppositionsführerin Tichanowskaja und ihre beiden Mitstreiterinnen Kolesnikowa und Zepkalo gelten als Anführerinnen des Widerstands gegen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko - zunächst im Wahlkampf, den sie gemeinsam führten, dann bei Demonstrationen gegen dessen Regime.
Trotz massiver Betrugsvorwürfe wurde Lukaschenko nach der Wahl im August 2020 offiziell zum Sieger erklärt. Dies löste beispiellose Massenproteste aus. Sie wurden gewaltsam niedergeschlagen, tausende Regierungskritiker wurden festgenommen oder flohen.
Auch Tichanowskaja und Zepkalo flohen schließlich ins Ausland und leben mit ihren Familien dort im Exil. Kolesnikowa wurde verhaftet, nachdem sie sich ihrer Abschiebung ins Ausland widersetzt hatte. Anfang September wurde sie zu elf Jahren Gefängnis verurteilt.
Tichanowskajas Ehemann, der bekannte Regierungsgegner und Blogger Sergej Tichanowski, wurde am Dienstag in Belarus zu 18 Jahren Haft verurteilt. Nach Angaben von Staatsmedien wurde er unter anderem wegen der Organisation von Massenunruhen schuldig gesprochen.
Tichanowskaja und Zepkalo werden persönlich bei der Verleihung am 26. Mai im Krönungssaal des Aachener Rathauses erwartet. Für Kolesnikowa wolle ihre Schwester kommen, teilte das Karlspreisdirektorium mit.
Mit pandemiebedingt mehr als einjähriger Verspätung wurde erst im Oktober der jüngste Preis an den rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis verliehen. Den Karlspreis gibt es seit 1950. Er ist undotiert und gilt als älteste und wichtigste Auszeichnung für Verdienste um die Verständigung und Zusammenarbeit in Europa.
Dieser "Bürgerpreis" besteht aus einer Urkunde und einer Medaille, die auf der Vorderseite das älteste Aachener Stadtsiegel aus dem zwölften Jahrhundert mit thronendem Karl dem Großen zeigt - nach ihm ist die Auszeichnung benannt. Frühere Preisträger sind unter anderen Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron, Papst Franziskus, der ehemalige US-Präsident Bill Clinton und UN-Generalsekretär António Guterres.
nob/AR (dpa, epd, afp)