Karlspreis für Polens Regierungschef Tusk
16. Januar 2010Der diesjährige Aachener Karlspreis wird am 13. Mai 2010 an den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk verliehen. Das gab das Direktorium des Karlspreises am Samstag (16.01.2010) in Aachen bekannt. Die Auszeichnung wird einmal im Jahr vergeben, geehrt werden damit Personen oder Institutionen, die sich um die europäische Einigung verdient gemacht haben.
Großer Europäer
Donald Tusk sei ein polnischer Patriot und großer Europäer, würdigte das Direktorium den 52-Jährigen. "Tusk steht als Symbolfigur dafür, die nationalistischen Tendenzen, die vor allem in Osteuropa wieder aufkeimen, zu überwinden", sagte Jürgen Linden, der Sprecher des Direktoriums. Seit seinen Studententagen sei der Historiker in der Gewerkschaft "Solidarnosc" verwurzelt.
Das Karlspreis-Direktorium würdigte Tusk auch für besondere Verdienste "um die Verständigung und Zusammenarbeit Polens mit seinen europäischen Partnern". Leider sei das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen zurzeit durch die Auseinandersetzung um das Zentrum gegen Vertreibungen und die Präsidentin der Vertriebenen, Erika Steinbach, "getrübt", so Karlspreis-Sprecher Linden. Tusk dagegen wolle "diese Trübungen beiseiteschieben und gute nachbarliche Beziehungen aufbauen".
In der Tradition der Solidarnosc
Donald Tusk ist der Sohn eines Tischlers aus Danzig. Seine Familie gehört der slawischen Minderheit der Kaschuben an und war während des Zweiten Weltkriegs von Zwangsarbeit und KZ-Haft betroffen. Im kommunistischen Polen studierte Tusk in den 70er-Jahren Geschichte an der Universität Danzig. Als 1980 die Arbeiter streikten, schloss sich Tusk der oppositionellen Gewerkschaft Solidarnosc an und beteiligte sich an der Gründung des Unabhängigen Polnischen Studentenverbandes.
Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft wurde Tusk Vorsitzender des Liberal-Demokratischen Kongresses, der aus der Solidarnosc hervorgegangen war. Die Präsidentschaftswahl 2005 verlor er knapp gegen Lech Kaczynski. 2007 wurde er zum Ministerpräsidenten gewählt. Gegen Lech Kaczynski betrieb Tusk die Ratifizierung des EU-Vertrages von Lissabon und setzte sich für die Einführung des Euro in Polen ein.
Zurück zum "Primat der Politik"
Es ist das dritte Mal, dass ein Pole den Karlspreis erhält. Zuvor waren der frühere polnische Außenminister Bronislaw Geremek (1998) und der polnischstämmige Papst Johannes Paul II. (2004) in Aachen geehrt worden. Andere Preisträger waren etwa Angela Merkel (2008), Bill Clinton (2000), François Mitterrand und Helmut Kohl (1988) sowie Konrad Adenauer (1954).
Im vergangenen Jahr war der Preis an den Gründer der katholischen Laienbewegung, Andrea Riccardi, gegangen. Mit dem polnischen Regierungschef wurde nun wieder ein Politiker nominiert, denn das Direktorium will zurück zum "Primat der Politik". "Mit der Wahl Donald Tusks wollen wir bewusst in den Vordergrund stellen, dass der Karlspreis eine wichtige politische Auszeichnung ist", sagte Jürgen Linden.
Autor: Dirk Eckert (afp, dpa)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot