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Karstadt und Berggruen - das große Missverständnis

Henrik Böhme15. August 2014

Der Kaufhauskonzern Karstadt wechselt schon wieder den Besitzer. Jetzt soll es ein Immobilieninvestor richten. Das Ende einer traditionsreichen Marke rückt näher, meint Henrik Böhme.

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Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen
Bild: picture-alliance/dpa

Karstadt-Kaufhäuser und Nicolas Berggruen: Das hat nie wirklich zusammen gepasst. Hier die zumeist geschmack- und fensterlosen Einkaufsbunker, da der schillernde Milliardär und Kosmopolit, angeblich ohne festen Wohnsitz. Mir ist bis heute nicht wirklich klar, was Bergruen seinerzeit geritten hat, den Retter von Karstadt geben zu wollen. Aber gut, vielleicht war das für einen, der alles hat und alles haben könnte, eines der letzten großen Abenteuer: Einen Dinosaurier in die Moderne zu befördern.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Bilder vor vier Jahren: Da stellte sich der medienscheue Investor mit einer Karstadt-Tüte in der Hand in einem Berliner Karstadt-Haus - und das war nicht das legendäre KaDeWe - vor die Mitarbeiter und sprach ihnen Mut zu. Das war ehrlich gemeint, und in den Augen der Menschen war Hoffnung zu lesen. Das Problem war nur: Karstadt hatte zuvor schon viel zu viel Zeit verloren. Keiner der Vorgänger auf dem Chefsessel hatte die wirklich zündende Idee, erst recht nicht ein gewisser Thomas Middelhoff. Er war der eigentliche Sargnagel für das gesamte Konglomerat, das er Arcandor getauft hatte. Heute trifft man Middelhof in Deutschland nur noch, wenn er seine Tournee durch die Gerichtsäle absolviert.

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Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Berggruen und seine Mannschaft wollten zeigen, dass es besser geht. Und er hatte durchaus gewiefte Leute: Andrew Jennings, Ex-Woolworth-Manager und ein Branchenkenner. Der schmiss nach zwei Jahren hin. Dann kam mit Eva-Lotta Sjöstedt eine Ikea-Managerin - sie hielt es nicht mal ein halbes Jahr aus. Zu wenig Unterstützung durch Berggruen, so ihre Begründung. Spätestens da, das war im zurückliegenden Juli, war klar: Das wird nicht gut mit Karstadt. Und Berggruens Leute verhandelten längst mit dem Immobilieninvestor Rene Benko, dem ja schon drei Karstadt-Premiumhäuser und die Karstadt-Sport-Kette gehören.

Bei den verbliebenen 17.000 Mitarbeitern geht das große Zittern nicht nur weiter. Die Angst vor dem Jobverlust dürfte jetzt ganz real werden. Schon nach Sjöstedts Abgang hatte der Aufsichtsrats-Chef des Unternehmens ein hartes Sanierungsprogramm angekündigt: Fast ein Drittel der Häuser sei nicht rentabel. Und es ist sicher nicht falsch anzunehmen, dass es der Immobilien-Tycoon aus Österreich eher auf die Immobilien, meist in besten Lagen, abgesehen hat - und nicht auf den Erhalt der Marke Karstadt. Womöglich läuft die Sache so ab: Die Schilder werden abgeschraubt, aus den Häusern werden Shopping-Malls in Innenstadtlagen - sowas wird gerade modern - und ein Teil der Mitarbeiter darf bleiben. Die Marke Karstadt hat das Ende ihrer über 130-Jährigen Geschichte vor Augen.