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Kein freies Geleit für Snowden

Bernd Gräßler2. Mai 2014

Die Bundesregierung ist gegen eine Vernehmung des Ex-Geheimdienstlers Snowden in Deutschland. Der Grüne Ströbele bezweifelt den Aufklärungswillen der Regierung. Und es gibt Ärger über ein vorab lanciertes Papier.

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Edward Snowden vor Bildschirmen und USA-Fahne - Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Das Aufklärungsinteresse müsse hinter dem Staatswohl zurücktreten, begründet die Regierung nach Medienberichten ihre schriftliche Ablehnung einer Anhörung des Whistleblowers Edward Snowden in Deutschland. Es sei eine dauerhafte Belastung der Beziehungen zu den USA zu befürchten. Die Stellungnahme leitete sie am Freitag dem Bundestagsausschuss zu, der sich mit der NSA-Spähaffäre und ihren Folgen für Deutschland befasst.

Hans-Christian Ströbele - Foto: Daniel Naupold (dpa)
Grünen-Politiker Ströbele: Notfalls VerfassungsklageBild: picture-alliance/dpa

Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele, der in Berlin als eifrigster Aufklärer in der NSA-Affäre gilt, sagte der Deutschen Welle: "Ich habe nicht den Eindruck, dass es dieser Bundesregierung noch darum geht, diesen Riesenskandal im Interesse der Datensicherheit und Grundrechtssicherheit der deutschen Bevölkerung noch aufzuklären."

Ströbele zeigte sich empört darüber, dass er wie die anderen Ausschussmitglieder die Stellungnahme erst erhalten habe, nachdem die Regierung diese bereits in die Presse "lanciert" habe. Damit habe man vor dem gegenwärtigen Washington-Besuch von Kanzlerin Angela Merkel Wohlwollen bei den Amerikanern erreichen wollen. Auch der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, der CDU-Politiker Patrick Sensburg, kritisierte das vorzeitige Bekanntwerden.

Snowden und das deutsche Wohlergehen

Die Opposition hatte schon in der ersten Sitzung des Untersuchungsausschusses einen Antrag auf Ladung des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden eingebracht, der sich seit August 2013 in Russland aufhält. Die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD setzten aber durch, dass zunächst die Bundesregierung bis zum 2. Mai eine Stellungnahme abgeben sollte, unter welchen Umständen eine Befragung des Informanten möglich ist.

In der Stellungnahme, aus der bereits die "Süddeutschen Zeitung" am Freitag (02.05.2014) zitiert, verweist die Regierung nun auf die enge politische Zusammenarbeit mit den USA und die intensiven Wirtschaftsbeziehungen. Diese seien von fundamentaler Bedeutung für Sicherheit und Wohlergehen der Bundesrepublik.

Angeführt wird auch ein Rechtsgutachten, das die Regierung bei einer Washingtoner Kanzlei in Auftrag gab. Demnach würden sich die deutschen Abgeordneten nach US-Recht strafbar machen, wenn sie Snowden befragten. Sie müssten sogar mit Strafverfolgung in den USA rechnen. Der Grünen-Abgeordnete Ströbele sprach von einer "Drohkulisse". Er sei über dieses Gutachten unter Mitwirkung der "neuen Rechten" nicht überrascht. Einer der maßgeblichen Anwälte habe bereits in der Reagan-Administration eine hohe Position gehabt. Ströbele kündigte an, mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht die Vernehmung Snowdens in Deutschland erzwingen zu wollen.

Opposition lehnt Befragung in Moskau ab

Der Whistleblower Edward Snowden gilt als zentrale Figur, um die Spähaktionen des US-Geheimdienstes NSA gegen deutsche Bürger und Kanzlerin Angela Merkel persönlich aufzuklären. Er ist zur Aussage in Berlin bereit, verlangt aber freies Geleit. Denn die US-Behörden suchen ihn mit Haftbefehl und könnten von Deutschland seine Auslieferung verlangen. Die Bundesregierung fürchtet außerdem, Snowden könnte die Gelegenheit nutzen und in Deutschland um Asyl bitten.

Martina Renner - Foto: Daniel Naupold (dpa)
Linken-Abgeordnete Renner: "Massiv Freiheits- und Menschenrechte verletzt"Bild: picture-alliance/dpa

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner ist, wie Christian Ströbele, ebenfalls Mitglied des NSA-Untersuchungsausschusses. Sie kündigte an, sie werde sich trotzdem für eine Einladung Snowdens nach Berlin einsetzen und will juristische Schritte mit diesem Ziel einleiten.

Eine von der Regierung in ihrer Stellungnahme vorgeschlagene Befragung des Ex-NSA-Mitarbeiters per Video-Schaltkonferenz oder durch den Ausschuss selbst in Moskau lehnen sowohl die Linken-Abgeordnete Renner als auch der Grüne Ströbele ab. Bei Russland handele es sich um ein Gastland, "das selbst massiv Freiheits- und Menschenrechte verletzt", so die Linken-Politikerin. Ströbele macht deutlich, er habe von Snowden selbst gehört, dass dieser nicht außerhalb Deutschlands aussagen wolle.