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Kein Glück mit Social Media

Carla Bleiker5. Februar 2013

Peer Steinbrück lässt eine Agentur für sich bloggen, Angela Merkel hat keinen Twitter-Account. Die deutsche Politik tut sich noch immer sehr schwer damit, Social Media zu nutzen und gezielt einzusetzen.

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Peer Steinbrück sitzt neben einem Mitarbeiter vor einem Computer und zeigt auf den Bildschirm. (Foto: SPD/Hans-Jörg Vehlewald über dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der angeschlagene SPD-Kanzlerkandidat hat es mal wieder geschafft: Mit dem "PeerBlog" hat Peer Steinbrücks Wahlkampf seine nächste Krise. Nach hohen Vortragsgehältern und Äußerungen über Angela Merkels "Frauenbonus" schlägt nun sein Blog hohe Wellen, der von der Kommunikationsagentur Steinkühler betreut wird.

Auf peerblog.de schreibt nicht Peer Steinbrück selbst, sondern eine handvoll Autoren, die sich als "unabhängig" von Steinbrück und der SPD bezeichnen. Geleitet wird die Redaktion vom ehemaligen Focus-Redakteur Karl-Heinz Steinkühler, der unter dem Pseudonym Theobald Tiger für den Blog "Wir in NRW" geschrieben haben soll. "Wir in NRW" spielte 2010 im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen eine große Rolle beim Sieg der rot-grünen Koalition. Der Blog veröffentlichte für den damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) belastende Dokumente, und geriet in die Kritik, als Steinkühlers Agentur von der SPD nach der Wahl Aufträge im Wert von mehr als 300.000 Euro erhielt - eine Art Dankeschön für den eifrigen Wahlhelfer?Problemfall PeerBlog

Peer Steinbrück ist auf einem Screenshot des blogs PeerBlog zu sehen. (Bild: www.peerblog.de)
"Hat mit Social Media ganz wenig zu tun." - Screenshot des PeerBlogBild: www.peerblog.de

"Wir haben Peer Steinbrück gefragt, ob wir für ihn bloggen dürfen," heißt es auf der Über Uns-Seite des PeerBlogs, und Steinbrück habe sein OK gegeben. Finanziert wird der Blog mit einer sechsstelligen Summe von anonymen Unternehmern, die den Politiker im Wahlkampf unterstützen wollen. Die PeerBlog Autoren preisen ihr Projekt als ein Paradebeispiel der Social Media Nutzung deutscher Politiker an. Doch Experten haben da ihre Zweifel.

"Das hat eigentlich mit Social Media ganz wenig zu tun," sagt Christian Schims, Geschäftsführer der Concept S Media Agentur, die Firmen hilft, sich in sozialen Netzwerken zu positionieren. "Social Media heißt Dialog, das heißt Augenhöhe, und in dem Fall ist ja der Kandidat Steinbrück an dem ganzen Thema überhaupt nicht beteiligt." 

Zur Imagerettung des Kanzlerkandidaten trägt der Blog eher nicht bei. Sowohl online als auch in Printmedien wie dem "Spiegel" reichen die Reaktionen von Spott über Verwunderung bis Fassungslosigkeit. "Man steht davor und fragt sich 'Was soll denn das jetzt schon wieder?'," sagt Schims. "Es ist wirklich ziemlich ungeschickt."

Social Media Nutzung noch in den Anfängen

Deutsche Politiker haben allgemein noch ihre Schwierigkeiten mit der Nutzung von sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook oder Google Plus. Nicht alle haben sich den neuen Möglichkeiten schon geöffnet. Angela Merkel erklärte vor kurzem, sie werde auch zum diesjährigen Bundestagswahlkampf keinen Twitter-Account anlegen. Nach Angaben des US-amerikanischen Kurznachrichtendienstes haben alle 100 Mitglieder des amerikanischen Senats, aber nur 41 Prozent der deutschen Bundestagsabgeordneten einen Twitter-Account.

Bundeskanzlerin Angela Merkel blickt mit Auszubildenen waehrend der Computermese CeBIT 2007 in Hannover auf den Monitor eines Laptops. (Foto: ddp images/AP Photo/Fabian Bimmer)
Die Begeisterung täuscht: Kanzlerin Angela Merkel wird auch im diesjährigen Wahlkampf nicht tweetenBild: AP

"Ich beobachte im deutschen Raum, dass noch viel im Stil von Pressemitteilungen kommuniziert wird," sagt Teresa Bücker, Social Media Referentin der SPD-Bundestagsfraktion, der DW. "Wenn man in sozialen Netzwerken kommunizieren möchte, macht das natürlich nur Sinn, wenn man das auch im Gespräch mit anderen tut, und das nicht nur als weiteren Kanal nutzt, um Informationen über die eigene Arbeit abzusetzen."

Für Politiker reicht es nach Bückers Meinung nicht, allein in sozialen Netzwerken vertreten zu sein. Vielmehr bieten Twitter oder Facebook im Idealfall den Kandidaten eine Chance, mit ihren Wählern direkt ins Gespräch zu kommen.

Verkrampfter Umgang

Auch Social Media Experte Nico Lumma sieht bei der Nutzung von sozialen Netzwerken in der deutschen Politik noch Platz für Verbesserung.

Porträt von Nico Lumma, als Chief Executive Blogger verantwortlich für Blogg.de und Blogstats.de und hat das Projekt wahlblog.de gestartet
Nico Lumma: "Es ist alles noch sehr verkrampft"

"In Deutschland ist Social Media zwar auf der Agenda, aber es ist noch nicht richtig erkannt worden, was man alles mit Social Media machen könnte," sagt Lumma der DW. In den USA spielten die sozialen Netzwerke bei den Wahlsiegen von Barack Obama 2008 und 2012 eine große Rolle, hier wurden viele Wähler und Spender mobilisiert. Außerdem nutzte Obamas Kampagne seinen Twitter-Account, um Unterstützer auf humorvolle Art bei der Stange zu halten.

Lumma nennt die Reaktion der Demokraten auf eine Rede während des republikanischen Parteitags 2012 als positives Beispiel. Clint Eastwood hatte bei der Versammlung der Republikaner für Verwirrung gesorgt, als er mit einem leeren Stuhl auf die Bühne kam, und so tat, als würde er sich mit Obama unterhalten. Daraufhin tweetete die Obama Kampagne ein Bild des Präsidenten auf einem Stuhl, der mit "The President" markiert war. Text: "This seat's taken," dieser Platz ist besetzt.

Ein älteres Ehepaar sitzt mit einem Tablet-PC auf der Couch. (Foto: fotogestoeber)
Auch ältere Menschen nutzen zunehmend soziale NetzwerkeBild: fotogestoeber/Fotolia

"In Deutschland fehlt der lockere Umgang mit Social Media," sagt Lumma. "Es ist alles noch sehr verkrampft." Dabei seien Netzwerke wie Facebook oder Twitter auch in Deutschland dazu geeignet, eine breite Bevölkerung anzusprechen und für sich zu gewinnen, so Lumma: "Bei über 20 Millionen Leuten die in Deutschland bei Facebook sind, ist das kein Jugendphänomen mehr. Das ist der Querschnitt der Bevölkerung."