Kein mulmiges Gefühl
10. Oktober 2016"Es wird ein bisschen im Hinterkopf sein", sagt Abwehrspieler Mats Hummels, angesprochen auf die Rückkehr der Nationalmannschaft nach Hannover. In das Hannover, in dem vor knapp einem Jahr das geplante Länderspiel gegen die Niederlande kurzfristig abgesagt worden war. Kurz nach den Anschlägen von Paris gab es, für die HDI-Arena, einen konkreten Terror-Hinweis. Die Spieler, schon im Bus auf dem Weg zum Spiel, reisten unverrichteter Dinge nach Hause. Ohnehin waren sie noch geschockt von den Ereignissen von Paris, als sie die Detonationen außerhalb des Stadions live auf dem Spielfeld mitbekamen und die Nacht in den Katakomben des Stade de France verbringen mussten.
Jetzt, vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland am Dienstagabend (20:45 Uhr MESZ im DW-Liveticker), werden viele dieser Bilder wieder vor den Augen der Nationalspieler ablaufen. Auch wenn Hummels relativiert: "Ich glaube nicht, dass man deshalb ein mulmiges Gefühl hat." Die DFB-Kicker sind mittlerweile auch schon geübt in der Vergangenheitsbewältigung. Schließlich waren sie auch schon bei der Europameisterschaft in Frankreich an die Stätte des Terrors zurückgekehrt und hatten es geschafft, den Fokus klar auf die sportlichen Belange zu legen.
Dennoch - das Thema steht im Raum, so sehr man sich beim DFB auch bemüht, es klein zu halten, so wie Bundestrainer Joachim Löw: "Wir haben die Dinge, die im letzten November vorgefallen sind, gut mit der Mannschaft verarbeitet. Das war jetzt kein Thema, wir vertrauen auf die Sicherheitskräfte." Verbands-Präsident Reinhard Grindel sagte dem SID: "Aus guten Gründen sollten wir das Spiel in Hannover mit diesen Überlegungen nicht zu stark belasten. Ich habe die Hoffnung, dass wir um das Spiel herum und auch im Stadion selbst die Sicherheit haben, die notwendig ist, um sich ganz auf Fußball konzentrieren zu können."
Müller trifft wieder - was soll da schon passieren?
Sollte dies gelingen, dürfte gegen die Nordiren nichts anbrennen. Nach dem beeindruckenden 3:0 am Samstag gegen Tschechien im sogenannen Spitzenpiel der Gruppe C sind drei weitere Punkte gegen die Gäste fest eingeplant. "Wir sind der Favorit", sagt Torwart und Kapitän Manuel Neuer, jedoch nicht ohne zu ergänzen: "Aber wir müssen es immer wieder auf den Platz bringen."
Daran besteht momentan kaum ein Zweifel. Jetzt, wo die beiden Innenverteidiger Jerome Boateng und Hummels wieder fit sind und Thomas Müller seine Ladehemmung abgelegt hat. Denn der Münchener ist Erfolgsgarant für "Die Mannschaft": Immer, wenn er bisher getroffen hat, hat Deutschland nicht verloren. Und dazu darf sich sich Löw im defensiven Mittelfeld sogar mit einem Luxusproblem herumschlagen: Wen aus dem Trio Toni Kroos, Sami Khedira und Ilkay Gündogan soll er auf die Bank setzen. Gegen die Tschechen erwischte es den zuvor fast ein Jahr nach einer Verletzung absenten Gündogan, jetzt, in Hannover, wird wohl Khedira zunächst draußen bleiben müssen.
Die Nordiren hatten sich schon bei der EM im Sommer beim 1:0-Sieg als zäher Gegner erwiesen. "Ich erwarte, dass sie sich mit zehn Mann am Sechzehner positionieren", orakelt Kroos und sagt deshalb: "Wir brauchen Lösungen". Diese Lösung hieß vor vier Monaten Mario Gomez, doch den Mittelstürmer plagt der Gesäßmuskel, an seiner statt wird am Dienstag Mario Götze wieder den Zentraloffensiven geben. Der kleine Wuselige vorne drin ist gegen das Abwehrbollwerk vielleicht auch ein probates Mittel. Schließlich werden die Nordiren dem DFB-Team wohl nicht so viele Räume bieten, wie es die naiv dagegen haltenden Tschechen getan haben. "Ich denke, wir haben das sehr gut gemacht gegen Tschechien," lobt der Bundestrainer. "Dort wollen wir jetzt weitermachen. Mit diesem Engagement, mit dieser Spielfreude."