Keine Annäherung bei Außenminister-Treffen zur Ukraine
24. Februar 2015Als Russlands Außenminister Sergej Lawrow eine Stunde später als erwartet das Treffen mit seinen drei Kollegen verließ, hatte er keine Lust mehr, mit den wartenden Journalisten zu sprechen. Möglicherweise, weil es kein konkretes Ergebnis zu verkünden gab und er der Vision von Frieden und Vertrauen, die Präsident Putin gestern in seiner Rede ausmalte, nichts hinzuzufügen hatte. "Es war ein nützliches Treffen", lautete seine einzige Bewertung. In der Diplomatensprache liegt das etwa eine Stufe vor dem offenen Streit.
Deutlicher wurde da schon sein ukrainischer Kollege und Gegenspieler Pawlo Klimkin."Wir haben uns unglücklicherweise nicht auf eine Verurteilung (der Ereignisse) von Debalzewe einigen können", sagte der Ukrainer, und man habe auch nicht festgestellt, wer für die Verstöße gegen die Waffenruhe in den letzten Tagen verantwortlich sei. Die Frustration stand Klimkin ins Gesicht geschrieben.
Hinter den verschlossenen Türen des Quai d'Orsay müssen teilweise deutliche Worte gewechselt worden sein: Eine halbe Stunde nach Beginn ließ Gastgeber Laurent Fabius die Übertragung für die Berater und Sprecher im Nebenraum abschalten. Man wollte unter acht Augen sprechen und verhindern, dass Einzelheiten nach außen dringen könnten.
Die Lage in der Ukraine ist weiter fragil
Erst Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier gab nach rund drei Stunden eine Idee vom Verlauf der Gespräche: Es gebe bisher kein Vertrauen zwischen den Gegnern in der Ukraine, sagte er und bezeichnete die Lage vor Ort nach wie vor als "äußerst fragil". Die Gewalt habe zwar in den letzten Tagen etwas nachgelassen, aber die Entwicklung könne sich auch jederzeit wieder ändern und in den offenen Ausbruch von Kampfhandlungen umschlagen.
Steinmeier unternahm keine Bewertung der Einnahme von Debalzewe durch prorussische Rebellen, die den Ort erst nach dem eigentlichen Beginn der Waffenruhe in ihre Gewalt gebracht hatten. Er warnte aber ausdrücklich vor einer weiteren Nachahmung dieses Beispiels: Man beobachte die Lage in Mariupol, so Steinmeier, und "hoffe, dass es nach Debalzewe keine weiteren Versuche von Aufständischen geben wird, ihren Einflussbereich auszudehnen". Sollte es dazu kommen, was manche befürchten, würde das "die Geschäftsgrundlage für Minsk völlig verändern". Dann stünde man vor einer neuen Situation.
Ein Hinweis wohl, dass Frankreich und Deutschland das Abkommen nicht wegen Debalzewe scheitern lassen wollen, aber genau wissen, dass sie jetzt eine rote Linie ziehen müssen. Ein weiteres Vorrücken der Rebellentruppen muss dann Konsequenzen haben, wie sehr auch die beiden Vertreter des Westens in Paris erneut für die Einhaltung des Abkommens von Minsk appellierten.
Kein Fortschritt bei Abzug der schweren Waffen
Der nächste Schritt müsse gemacht werden, und der bedinge den Rückzug der schweren Waffen aus der Kampfzone, so der Bundesaußenminister. Er sagte aber nicht, wie das gegenwärtige Patt zwischen Ukraine und Rebellenführern aufgelöst werden könne: Die ukrainische Seite will ihre Waffen erst abziehen, wenn der Beschuss auf ihre Stellungen und auf Dörfer bei Mariupol aufhört. Vertreter der Rebellen behaupten wiederum, sie hätten mit dem Abzug bereits begonnen. Dem setzen der französische und der deutsche Außenminister derzeit nicht mehr entgegen als Mahnungen. "Ich sehe trotz der Rückschläge zum Abkommen von Minsk keine Alternative", betonte Frank Walter Steinmeier einmal mehr, auch wenn der Weg zu einem nachhaltigen Waffenstillstand noch schwer und steinig sein werde.
Die Minister halten an dieser rituellen Beschwörung fest, weil ihre jeweiligen Regierungschefs noch nicht aufgeben wollen und weiter versuchen, das mühsam ausgehandelte Abkommen noch zum Erfolg zu führen. Aber ihre Erklärungen in Paris erscheinen seltsam entfernt von den Berichten aus der Ostukraine. Die Realität am Verhandlungstisch scheint eine andere zu sein als die in der Region um Mariupol.
OSZE Mission soll gestärkt werden
Als einzig konkretes Ergebnis dieses Treffens gilt die Einigung, die OSZE-Beobachtermission zu stärken. Sowohl finanziell als auch personell und technisch soll ihre Fähigkeiten verbessert und das Ende März auslaufende Mandat verlängert werden. Es kam in Paris allerdings keine erneute Forderung nach Polizei-oder Friedenstruppen zur Sprache. Alle Beteiligten wissen, dass der Konflikt für einen solchen Einsatz bei anhaltenden Kämpfen noch viel zu "heiß" ist.
Kritik am schleppenden Verhandlungsprozess und am Mangel von konkreten Fortschritten kam unterdessen von der lettischen Außenministerin Laimdota Straujuma. Ihr Land hält derzeit den Ratsvorsitz in der Europäischen Union, und sie erklärte zur Lage in der Ukraine, dass man auf europäischer Ebene bereits über neue Sanktionen gegen Russland nachdenke.