Keine Eingreiftruppe für Haiti in Sicht
15. Juli 2023Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat auf Forderungen nach einer internationalen Eingreiftruppe für den Krisenstaat Haiti zögerlich reagiert. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution richtete das höchste UN-Gremium zwar einen Appell an die Mitgliedsländer und die Staaten in der Region, die örtliche Polizei "in Sicherheitsfragen zu unterstützen" - "auch durch die Entsendung einer speziellen Einsatztruppe". Auf ein konkretes Mandat dafür konnte sich der Sicherheitsrat aber nicht einigen.
Vorrangig ging es in dem Resolutionstext um die Verlängerung der UN-Sondermission in Haiti (BINUH) um ein Jahr. Demnach soll die Anzahl der die Polizei beratenden BINUH-Mitarbeiter von 42 auf 70 aufgestockt werden. Dies sei zwar "ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Haitis UN-Botschafter Antonio Rodrigue. Er könne aber "nicht ausreichen, um der Regierung bei der Bewältigung der Sicherheitsherausforderung zu helfen". Die Bevölkerung seines Landes erwarte diesbezüglich "eine konkrete Entscheidung".
Führungslos!
Zwar haben einige Staaten ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einer internationalen Truppe zur "Auflösung" gewalttätiger Gangs in Haiti signalisiert. Bislang will jedoch kein Land die Führung eines solchen Einsatzes übernehmen.
Die rivalisierenden Banden liefern sich blutige Auseinandersetzungen, terrorisieren die Bevölkerung und kontrollieren nach UN-Schätzung bereits 80 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince. Zehntausende Menschen sind auf der Flucht. Fast die Hälfte der elf Millionen Haitianer leidet unter akutem Hunger. Seit der Ermordung von Staatspräsident Jovenel Moïse vor knapp zwei Jahren führt eine Interimsregierung die Amtsgeschäfte.
Ein neuer UN-Bericht beschreibt das Ausmaß der Gewalt, die "weiter zugenommen und sich ausgebreitet" habe. Demnach stieg in Haiti die Zahl der Morde in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 67 Prozent. Anteil daran haben auch selbsternannte Bürgerwehren. Dem Bericht zufolge wurden zwischen Ende April und Ende Juni mehr als 220 mutmaßliche Bandenmitglieder infolge von Selbstjustiz getötet.
Hoffnungslos?
Derweil berichtet die Zeitung "Miami Herald", vier der gefürchtetsten Bandenführer in Haiti hätten sich bereiterklärt, an der Friedensinitiative eines katholischen Priesters aus den USA mitzuwirken. In einer von ihnen unterschriebenen Verpflichtungserklärung heißt es demnach: "Wir versprechen unserem liebenden Gott, hart daran zu arbeiten, die Gewalt zu beenden und allen Menschen Frieden zu bringen."
wa/mak (afp, kna)