Keine große Sause zu Silvester wegen Omikron
20. Dezember 2021Führende Politiker sowie Mediziner stimmen die Bundesbürger angesichts der Gefahren durch die Omikron-Variante auf härtere Kontakteinschränkungen in der Coronavirus-Pandemie ein. Der nordrhein-westfälische Regierungschef Hendrik Wüst, der gerade Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz der Bundesländer ist, stellt verschärfte Kontaktrestriktionen rund um den Jahreswechsel in Aussicht. "Die große Silvestersause wird es nicht geben können", sagte Wüst dem ARD-Fernsehen.
Am Dienstag will er mit den Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern über die Lage beraten. Dabei wird es angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante um weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gehen. Gerechnet wird mit weiteren Beschränkungen auch für Geimpfte und Genesene - und damit, dass Clubs und Diskotheken schließen müssen. Auch die Fortsetzung und Beschleunigung der Booster-Impf-Kampagne stehe auf dem Programm.
"Omikron mahnt zur absoluten Wachsamkeit", so Wüst, der in dem Interview aber zugleich erkennen ließ, dass er weitere Einschränkungen zum Weihnachtsfest nicht für notwendig hält. "Wir wissen aus der Vergangenheit, dass das Weihnachtsfest nicht der Pandemietreiber ist", sagte der CDU-Politiker.
Lauterbach zeigt sich sowohl besorgt als auch optimistisch
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schloss einen "harten Lockdown" noch vor Weihnachten aus und richtete den Blick auf das neue Jahr. Die Modellierungen der Experten würden ab Januar steigende Fallzahlen voraussagen, "die dann dominiert werden durch Omikron". Mit der neuen Variante und ohne Einschränkungen "hätten wir eine Explosion der Fallzahlen", so seine Sorge.
Dennoch gibt sich der Bundesgesundheitsminister optimistisch, was das Alltagsleben angeht. Auch für die Zeit nach Weihnachten glaube er nicht an einen "harten Lockdown". Schulen würden geöffnet blieben, es sei auch davon auszugehen, dass Restaurants nicht schließen müssen, sagte Lauterbach "Bild-TV".
Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte davor, Entscheidungen zu verschleppen. "Wir müssen sehen, dass wir nicht den Fehler machen wie bei den Wellen bevor: Erst alles eskalieren lassen und dann sagen, oje, wie beschränken wir die Kontakte", sagte der Grünenpolitiker im Deutschlandfunk.
Am Sonntag hatte der von der neuen Bundesregierung berufene Corona-Expertenrat erklärt, die Omikron-Variante bringe eine neue Dimension in das Pandemiegeschehen. Sie zeichne sich durch eine stark gesteigerte Übertragbarkeit und ein Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus. Mathematische Modelle hätten ergeben, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems und eine Einschränkung der kritischen Infrastruktur nur zusammen mit starken Kontakteinschränkungen eingedämmt werden könnten.
"Wir werden darüber sprechen müssen, wie wir unser Land am Laufen halten", sagte Ministerpräsident Wüst in der ARD und nannten neben anderen Beispielen die Gefahren für Strom- und Wasserversorgung und die Folgen von Personalmangel bei Polizei und Feuerwehr, wenn die Zahl der Infizierten deutlich steigt. Es brauche zwischen Bund und Ländern abgestimmte Notfallpläne unter Einbeziehung von Technischem Hilfswerk und Bundeswehr.
Zwei Königreiche als mahnende Beispiele
Der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte der Zeitung "Rheinische Post": "Wenn sich die Prognosen bestätigen, wonach die Omikron-Variante sehr viel ansteckender ist als Delta und auch der Impfschutz gegen schwere Verläufe bei nicht geboosterten Menschen schwächer ist, werden wir es im schlimmsten Fall mit einer großen Zahl gleichzeitig schwer erkrankter Patienten zu tun haben. Für die Krankenhäuser wäre dies eine weiter verschärfte Lage, die über all das hinausgeht, was wir bisher erlebt haben."
Gaß warnte, in Großbritannien und Dänemark fielen aktuell durch die hohen Infektionszahlen auch deutlich mehr Beschäftigte im Gesundheitswesen coronabedingt aus. "Noch mehr schwerkranke Patienten und zeitgleich massive Personalausfälle wäre eine weitere Eskalation der Situation, die über das bisherige hinausgeht", sagte er.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts ist die deutschlandweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen wieder ganz leicht gestiegen. Sie lag am Montagmorgen bei 316, nach 315,4 am Vortag. Dagegen gab es bei den Neuinfektionen einen deutlichen Rückgang: Wie das RKI unter Berufung auf die Gesundheitsämter mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 16.086 Neuinfektionen verzeichnet. Vor einer Woche waren es 21.743 Ansteckungen. 119 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit stieg die Gesamtzahl der Corona-Toten in Deutschland auf 108.352.
AR/kle (epd, dpa, afp, rtr)