"Keine Toleranz für Intolerante"
25. Juni 2004Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage Ludins auf Einstellung in den baden-württembergischen Schuldienst verworfen, weil sie darauf bestand, auch im Unterricht ihren Kopf mit einem Tuch zu bedecken. Das Kopftuch - so die Klägerin - sei Ausdruck ihres religiösen Bekenntnisses und so durch die Religionsfreiheit des Grundgesetzes geschützt.
Die Bundesrepublik Deutschland kennt für religiöse Gemeinschaften nur wenige Einschränkungen. Sie werden dann wirksam, wenn sich die religiösen Vorschriften gegen die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte richten. Dazu gehört zum Beispiel die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Ein Grundsatz, den der Islam - vorsichtige ausgedrückt - zumindest relativiert. Ein Ausdruck dieser Einschränkung ist das Gebot, dass Frauen ihre Haare zu bedecken haben, weil der Anblick der Haare Männer betören und auf sündige Gedanken bringen könnte. Das Kopftuch dient also nicht der Frau, sondern dem Schutz des Mannes.
Eine akademisch ausgebildete Muslima in Deutschland - also in der Regel kein unwissendes Dummerchen - die auf dem Kopftuch als Ausdruck ihres persönlichen religiösen Bekenntnisses besteht, bringt sich damit unweigerlich in einen Konflikt mit den Pflichten einer deutschen Beamtin. Von der wird das Bekenntnis zum Grundgesetz und damit auch zur Gleichberechtigung von Mann und Frau verlangt. Das Kopftuch aber demonstriert das Gegenteil: die Unterwerfung der Frau unter den Mann. Nur deshalb, und nicht weil es Symbol des muslimischen Bekenntnisses sei, kann es als Bekleidung einer Staatsdienerin nicht geduldet werden.
Daher ist auch der Umkehrschluss falsch, wer das Kopftuch verbiete, müsse auch das Habit der christlichen Ordensleute oder das Kruzifix in öffentlichen Räumen untersagen. Weder Ordenskleid noch Kruzifix symbolisiert einen Widerspruch zu den Menschenrechten. Im Gegenteil: Diese Rechte gründen sich auf die christliche Tradition und das humanistische Erbe der Aufklärung. Die Sorge mancher in den christlichen Kirchen, das Kopftuchverbot ebne den Weg in den laizistischen Staat ist deshalb unbegründet. Vielmehr droht dort Gefahr für das Zusammenwirken von Religionsgemeinschaften und Staat, wo sich unter dem Vorzeichen vermeintlicher Toleranz, Intoleranz ausbreiten kann.
Toleranz beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Der Intolerante kann nicht Toleranz beanspruchen. Wer elementare Menschenrechte missachtet, muss in seine Schranken verwiesen werden. Das sind die Deutschen ihrer demokratischen Gesellschaft und dem toleranten Zusammenleben unterschiedlicher Religionen schuldig.