Keine weitere Entschuldigung Japans
14. August 2015Er tat nicht, was viele von ihm erhofft hatten: Eine erneute, offizielle Entschuldigung für japanische Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs sprach Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe nicht aus.
Zwar räumte Abe ein, dass Japan im Zweiten Weltkrieg unschuldigen Menschen unermesslichen Schaden und unermessliches Leid zugefügt hat. Zugleich sprach sich der rechtskonservative Ministerpräsident dafür aus, dass die Nachkriegsgenerationen nicht durch ständig wiederholte Entschuldigungen belastet werden sollten.
"Wiederholt Gefühle tiefer Reue gezeigt"
Außerdem habe sein Land habe sich schon mehrfach für seine kriegerische Vergangenheit entschuldigt. In seiner Erklärung zum 70. Jahrestages des Kriegsendes sagte Abe wörtlich: "Japan hat wiederholt die Gefühle der tiefen Reue und von Herzen kommende Entschuldigung für seine Taten während des Krieges zum Ausdruck gebracht".
Klare Erwartungen aus China und Südkorea
Abes Äußerungen wurden im Ausland, vor allem in China und Südkorea aufmerksam verfolgt. Insbesondere diese Staaten haben unter japanischer Besatzung und Kolonialherrschaft gelitten. Die Regierungen beider Länder hatten klargemacht, dass sie von Abe ein Festhalten an der "von Herzen kommenden Entschuldigung" des früheren Ministerpräsidenten Tomiichi Murayama erwarten. Murayama hatte 1995 das Leid bedauert, das die japanische "Aggression und Kolonialherrschaft" über die Völker gebracht hätten. Kritiker werfen Abe vor, er wolle die Verbrechen Japans im Zweiten Weltkrieg herunterspielen.
Enttäuschung über mangelnde Aufarbeitung
Besonders in Südkorea dürften Enttäuschung und Verärgerung groß sein. Aus Sicht der meisten Koreaner mangelt es der japanischen Regierung noch immer an einer ehrlichen historischen Aufarbeitung der Kolonialherrschaft über die koreanische Halbinsel von 1910 bis 1945. Das gilt vor allem für den Umgang der Regierung von Premierminister Abe mit der Zwangsprostitution in japanischen Soldatenbordellen während des Zweiten Weltkriegs.
200.000 Frauen als Zangsprostituierte
Opfer waren überwiegend Koreanerinnen. Auf etwa 200.000 Frauen schätzen Historiker die Zahl der asiatischen Frauen, überwiegend Koreanerinnen, die zur Prostitution durch das japanische Militär gezwungen wurden.
Tokio erkennt zwar die zentrale Rolle der Armee bei der Zwangsprostitution an. Doch betrachtet es die Angelegenheit seit dem Grundlagenvertrag mit Südkorea von 1965 als abgeschlossen.
Konflikte der Vergangenheit nicht überwunden
Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye hatte erst in diesem Frühjahr Genugtuung für die auch mit dem beschönigenden Wort "Trostfrauen" bezeichneten Opfer der Sexsklaverei gefordert. "Obschon Nachbarn, haben es beide Länder nicht geschafft, ihre Distanz zueinander in ihren Herzen wegen der Konflikte über die Vergangenheit zu schließen", sagte Park Geun Hye zum Tag der Unabhängigkeitsbewegung am 1. März.
Streit um Inselgruppe
Die japanisch-koreanischen Beziehungen sind außerdem wegen eines seit Jahrzehnten schwelenden Streits zwischen beiden Ländern um eine Felseninselgruppe belastet. Japan erhebt Anspruch auf die von Südkorea kontrollierte Inselgruppe im Meer zwischen beiden Ländern.
Allerdings verbindet beide Länder nicht nur ein umfassender Austausch in Wirtschaft, Handel, Politik und Kultur. Grundpfeiler sowohl der japanischen wie auch der südkoreanischen Sicherheitspolitik ist ihr Bündnis mit den USA. Washington ist schon mit Blick auf den Atomstreit mit Nordkorea an einem guten Verhältnis zwischen Tokio und Seoul interessiert. Unternehmen aus Südkorea und Japan konkurrieren daneben auf dem Weltmarkt, besonders gilt das für die Auto-, Schiffbau- und Elektronik-Industrie.
cw/stu (dpa, rtr)