Keith Haring: Künstler und Aktivist
Er war politisch engagiert, prangerte Missstände an, unterstützte Wohltätigkeitsaktionen und war äußerst produktiv. 25 Jahre nach seinem Tod widmet die Kunsthalle München Keith Haring eine Retrospektive.
Kunst im Untergrund
Als Kind will Keith Haring unbedingt Comiczeichner werden. Mit 18 stellt er in Pittsburgh erstmals abstrakte Zeichungen aus. Zwei Jahre später zieht es ihn nach New York, wo er an der "Visual School of Art" studiert. In dieser Zeit entstehen seine berühmten Subway-Zeichnungen, die er in U-Bahn-Stationen mit Kreide auf Werbeflächen malt. Sein Lieblingsmotiv: der Mensch.
Inspiriert von der Pop Art
Keith Haring ist stark von der Pop Art beeinflusst. Mit Andy Warhol, dem bedeutendsten Vertreter der amerikanischen Pop Art, ist er befreundet. Wie Warhol nutzt auch der 30 Jahre jüngere Künstler Comicstrips und grelle Farben als Stilmittel. Doch Keith Haring bringt seine Farben nicht nur aufs Papier, sondern bemalt unterschiedlichste Materialien – und den Körper der Sängerin Grace Jones.
Titel unerwünscht
Die Urban Street Culture in New York inspiriert Keith Haring täglich aufs Neue. In atemberaubender Geschwindigkeit bannt er mit wenigen Linien Figuren und Objekte auf Papier oder ganze Hauswände – ohne vorher Skizzen anzufertigen. Der Künstler liebt es, mit Passanten über seine Bilder zu diskutieren. Nur wenige seiner Werke tragen Titel. Die Kunst lebe durch den Menschen, betont er.
Symbolhafte Bildsprache
Immer wieder zeichnet Keith Haring ein Baby. Es soll das Leben und die gute, noch unbefleckte Seite des Menschen darstellen. Keith Haring findet früh Gefallen an Symbolen. Sie helfen ihm, sich auszudrücken. Der Strahlenkranz etwa verkörpert positive Energie und steht für Glück.
Loch mit Hund
Auch das berühmte Loch kommt immer wieder zum Einsatz. Keith Haring erfindet es nach dem Tod von John Lennon, um die Gedanken- und Hoffnungslosigkeit des Menschen auszudrücken und nennt es "Loch im Geiste des Menschen". Der bellende Hund ist sein Symbol der Rebellion gegen jegliche Form von Gewalt und den blinden Fortschrittsglauben der Menschheit.
Die vierte Dimension
Die Pyramide ist Zeugnis einer untergegangenen Zivilisation und Sinnbild für eine mystische Kraft voller Energie. Im Gegensatz dazu malt Haring auch Raumschiffe, stellvertretend für höher entwickelte Zivilisationen. In vielen Bildern des Künstlers bekämpfen sich diese Pole aus Vergangenheit und Zukunft und zeugen von der inneren Zerrissenheit der Gesellschaft.
Kunst als politisches Sprachrohr
Keith Haring ist ein Kind der konservativen Reagan-Ära, die all seinen Idealen widerspricht. Immer wieder prangert er mit seiner Kunst gesellschaftliche Missstände an, stellt sich gegen exzessiven Kapitalismus, engagiert sich für nukleare Abrüstung, Umweltschutz und die Gleichberechtigung des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Sexualität.
Soziales Engagement
Keith Haring legt nicht nur künstlerisch den Finger auf die gesellschaftlichen Wunden, er will auch helfen. Der rebellische und äußerst produktive junge Künstler der New Yorker Downtown-Community macht sich mit seinen unkonventionellen Werken schnell international einen Namen und nutzt seine Popularität, um Wohltätigkeitsaktionen in Kranken- oder Waisenhäusern zu unterstützen.
Tödliche Diagnose
1985 bekommt Keith Haring die Diagnose: Er hat Aids. Ausgerechnet der Liebesakt, Sinnbild des Lebens, soll für ihn den Tod bedeuten. Doch statt sich zurückzuziehen, arbeitet er mehr als je zuvor. "Jeder Tag ist wichtig", sagt er einmal. "Das einzig Gute an einer solchen Krankheit ist, dass man sich endlich Gedanken machen muss, was man in seinem kurzen Leben noch alles tun sollte."
Abschiedsparty statt Trauermarsch
Der Künstler spricht offen über seine HIV-Infektion. 1989 gründet er die "Keith Haring Foundation". Sie soll vorurteilsfrei über Aids aufklären und sie soll Kindern aus armen Familien Ausbildungschancen bieten. Ein Jahr später stirbt er mit gerade mal 31 Jahren im Kreise seiner Freunde. Niemand soll trauern, so sein letzter Wille, stattdessen wünscht er sich eine große Abschiedsparty.
Bildgewaltiges Vermächtnis
Keith Harings Kunst war nie elitär, dafür bunt und kritisch. "Art is for everybody": "Kunst ist für jedermann" lautet sein Credo. Sein künstlerisches Vermächtnis hat bis heute nichts von seiner Kraft und seiner Wirkung verloren. Zahlreiche Werke des Künstlers sind noch bis zum 30. August in der Ausstellung "Gegen den Strich" in der Kunsthalle München zu sehen.