Kenia vor Chaos-Wahl
24. Oktober 2017Tritt er an oder nicht? Sollen seine Anhänger auf der Straße protestieren oder doch lieber zuhause still und leise die Wahl boykottieren? Kaum ein Beobachter kann den widersprüchlichen Aussagen des kenianischen Oppositionsführers Raila Odinga noch folgen. Es droht Chaos.
Die Neuwahl ist weiterhin für Donnerstag angesetzt. Kenias Oberster Gerichtshof sollte am Mittwoch über eine Petition entscheiden, in der gefordert wurde, die Wahl zu verschieben. Doch nur zwei von sieben Richtern waren anwesend - und das Gericht nicht beschlussfähig. Der Leibwächter von Richterin Philomena Mwilu war am Dienstagabend angeschossen worden.
Nicht wenige fürchten nun um den inneren Frieden ihres Landes und sehen die Demokratie in Gefahr: "Als Kenianer habe ich das Gefühl, dass es zu einem Bürgerkrieg kommen wird, wenn diese Wahl stattfindet", sagte ein Passant in der Hauptstadt Nairobi am Dienstag gegenüber der Deutschen Welle.
Entscheidung des Obersten Gerichts wird zum Problem
Seit mehr als zwei Monaten kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Zunächst entschied Amtsinhaber Uhuru Kenyatta die Präsidentschaftswahl am 8. August für sich. Doch nach einer Klage seines Kontrahenten Raila Odinga annullierte der Oberste Gerichtshof das Wahlergebnis aufgrund von Unregelmäßigkeiten und ordnete Neuwahlen an.
Was zunächst als Demonstration der Unabhängigkeit der demokratischen Institutionen des Landes gefeiert wurde, hat zu großer Ungewissheit geführt. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklungen war Raila Odingas überraschender Rückzug von seiner Kandidatur. Er beklagte, dass die vom Gericht angeprangerten Unregelmäßigkeiten weiterhin nicht ausgeräumt seien und forderte unter anderem eine Neubesetzung der Wahlkommission.
Die Kommission ist allerdings selbst schwer zerstritten. Erst letzte Woche trat mit Roselyn Akombe eine von sieben Kommissionsmitgliedern von ihrem Amt zurück. In einer Erklärung schrieb sie, dass die Kommission in ihrem jetzigen Zustand sicher keine glaubwürdige Wahl am 26. Oktober garantieren könne. Kurz darauf teilte der Kommissionsvorsitzende Wafula Chebukati mit, dass er aufgrund innerer Konflikte in der Kommission und politischer Einflussnahme von beiden Seiten keine freien, fairen und glaubwürdigen Wahlen garantieren könne.
Eine Chance für alternative Politik?
Präsident Kenyatta selbst zeigt sich von den Entwicklungen unbeeindruckt. Aus seinem Lager ist lediglich zu hören, dass die Wahl wie geplant vonstatten gehen solle. Der ethnisch aufgeladene Konflikt zwischen Kenyattas Jubilee Partei und Odingas NASA droht das Land zu spalten. "Wir senden gerade kein sehr gutes Signal an den Rest Afrikas", beklagt der kenianische Sicherheitsexperte George Musamali im DW-Gespräch. Es sei höchste Zeit, dass die Afrikanische Union einschreite.
Doch nicht alle sehen die politische Situation als hoffnungslos. So freut sich Präsidentschaftskandidat Ekuru Aukot, dass die kenianischen Wähler nach Odingas Rückzug nun endlich die Möglichkeit hätten, sich für einen alternativen Kandidaten zu entscheiden. "Wir erleben einen Moment des Wandels, einen Moment, den wir ausnutzen müssen", so Aukot im Gespräch mit der DW. Er hoffe, dass Odinga Größe zeigen werde und seine Wähler zur Wahl Aukots aufrufe. Die Unterstützung hätte Aukot wohl auch dringend nötig. Bei der Wahl am 8. August bekam er lediglich 0,18 Prozent der Stimmen.