Kinderarbeit in Kirgisistan
28. Juli 2005Im Süden Kirgisistans zwingen oft Eltern selbst ihre Kinder, auf Baumwoll- oder Tabakplantagen zu arbeiten. In den großen Städten schuften Kinder häufig auf Märkten. Die Vertreterin von UNICEF in Kirgisistan, Gulsana Turusbekowa, unterstrich in einem Gespräch mit der Deutschen Welle, Kinderarbeit sei vor allem unter obdachlosen Kindern weit verbreitet. Vorläufigen Zahlen einer derzeit in Arbeit befindlichen Studie zufolge steigt die Anzahl obdachloser Kinder in Kirgisien unaufhaltsam. Allein in Bischkek lebten etwa 3.000, so Turusbekowa.
Weder Geburtsurkunde noch Pass
Die UNICEF-Vertreterin sagte über die obdachlosen Kinder ferner: „Die meisten von ihnen besuchen keine Schule. Die meisten haben sogar gar keine Geburtsurkunde. Das ist ein weiteres großes Problem, denn es wird das Recht des Kindes auf Identifikation verletzt. Wenn ein Kind keine Geburtsurkunde hat, dann kann es sich nicht einmal an eine Polyklinik wenden. Es kann auch keinen Pass erhalten. Das führt zu einer ganzen Kette unglücklicher Umstände für das Kind.“
Kaum Daten über Sexualopfer
Ein anderes Problem, das in Kirgisistan ebenfalls keine angemessene Beachtung findet, ist Turusbekowa zufolge die Gewalt gegen Minderjährige, darunter auch die sexuelle. Sie sagte: „Leider ist es problematisch, Daten über diese Kinder zusammenzutragen. Es laufen einige Strafverfahren, aber ich denke, das ist nur die Spitze des Eisbergs. Sehr viele solcher Kinder werden erst gar nicht registriert. Und diejenigen, die gegen die Rechte der Kinder verstoßen, sie sexuell oder als Arbeitskraft ausbeuten, entkommen dem Gesetz. Man muss betonen, dass zur sexuellen Ausbeutung auch Kinderhandel und Kinderpornografie zählen. In Kirgisistan ist dieses Problem nicht sehr akut, aber bei uns herrschen alle Voraussetzungen dafür, und die Gefahr besteht.“
Gewalt gegen Kinder in Familien
Der kirgisischen Vertreterin von UNICEF, Turusbekowa, zufolge leiden Kinder in Kirgisistan am häufigsten unter Gewalt seitens ihrer Eltern und anderer Familienmitglieder. Der amtierende kirgisische Justizminister Erkinbek Mamyrow sagte der Deutschen Welle in diesem Zusammenhang, es sei sehr schwierig, Eltern zur Verantwortung zu ziehen: „Die Gesetze haben wir natürlich, aber die Gewalt gegen Kinder in Familien hat latenten Charakter. Ein Kind kann allein nicht um Hilfe ersuchen. Hier müssen Fürsorger und die für Minderjährige zuständigen Ämter solche Eltern zur Verantwortung ziehen. Als Strafe kann den Eltern erstens das Sorgerecht entzogen werden und zweitens können sie zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden.“
Im vergangenen Jahr wurde in Kirgisien kein einziger Erziehungsberechtigter wegen Gewalt gegen sein Kind zur Verantwortung gezogen.
Witalij Katargin, Bischkek
DW-RADIO/Russisch, 27.7.2005, Fokus Ost-Südost