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Glaube

Kirchenbank zu verkaufen

14. Dezember 2024

Per Kleinanzeige wird eine Kirchenbank verkauft. Wo bislang gebetet wurde, soll künftig eine Gartenparty stattfinden? Steckt in Kirchenmobiliar Glaubenskraft? Ein Beitrag der evangelischen Kirche.

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Symbolbild Kirchenbank
Bild: PantherMedia/Volker Rauch/imago images

Einfach nur ein Möbelstück – oder doch mehr? 
 

„Verkaufe schöne, alte Kirchenbank, sehr gut erhalten, vielseitig verwendbar.“ 

Beim Stöbern nach Möbeln stoße ich im Internet auf diese Anzeige. Zunächst muss ich schmunzeln, dann aber werde ich nachdenklich: In welcher Kirche stand die Bank? Stammt das Angebot von einer klammen Gemeinde, die auf diesem Wege ihre finanzielle Lage bessern will? 

Ich besehe mir die Bank genauer, vergrößere die angefügten Fotos, die die Vorder- und Rückseite detailgetreu zeigen. Alles ist vorhanden, die Ablagemöglichkeit fürs Gesangbuch und auch die schwenkbaren Handtaschenhaken, willkommenes Spielzeug für manch ermüdeten Konfirmanden. 

Hier saßen Brautpaare und Trauernde 

Wer mag auf dieser Bank gesessen haben? Glückselige Brautpaare? Verantwortungsbewusst dreinblickende Taufpaten? Trost suchende Angehörige von Verstorbenen? Treue Kirchgänger, die auf dieser Bank über Jahrzehnte jeden Sonntag ihren Stammplatz hatten, den niemand streitig zu machen gewagt hätte? Außer natürlich an Weihnachten, wenn die Kirche schon eine halbe Stunde vor dem Krippenspiel hoffnungslos überfüllt ist mit stolzen Eltern und Großeltern, die sich den besten Platz sichern wollen, um den mimenden Nachwuchs gebührend zu bestaunen. 

Wie viele Lieder mögen auf dieser Bank gesungen worden sein, wie viele Gebete gesprochen? Wie unterschiedlich mögen die Gedanken gewesen sein, die sich die Menschen dort machten, wie mannigfaltig die Gefühle, die sie bewegten? Von frohgemut bis verzweifelt, abhängig von der persönlichen Lebenssituation, der momentanen Gestimmtheit und vom individuellen Glauben. 

Ein normales Möbelstück? 

Ganz gewiss beschäftigte die hier auf dieser Bank Sitzenden nicht immer nur Tiefschürfendes. Vielleicht fühlte man sich gelegentlich vor allem hungrig, weil es vor dem Gottesdienst nicht zu einem Frühstück gereicht hatte.  

Dass all das stattgefunden hat auf dieser Bank, kann ich mir lebhaft vorstellen. Und nun also soll sie künftig vielseitig verwendbar sein, diese Kirchenbank, wie es in der Anzeige nüchtern heißt. 

Etwas in mir sträubt sich bei dem Gedanken, sie könnte betrachtet werden wie ein normales Möbelstück, könnte sich wiederfinden in einem Wohnzimmer als stylischer Kontrast zum hochmodernen Bildschirm oder als urige Sitzgelegenheit für Gartenpartys. 

Unterschätze ich die Kirchenbank? 

Möglicherweise wäre sie ja auch das ideale Objekt für den Empfangsbereich eines aufstrebenden Startup-Unternehmens. Auf ihr thronend ein fünfarmiger Roboter, der mit sexy Stimme die Firmenphilosophie verkündet: „Beten war gestern, heute wird beseelt!“ 

Darf man es überhaupt zulassen, dass eine Kirchenbank von jedem und für alles benutzt wird? Wäre nicht eine Einschränkung angebracht: ausschließlich für den kirchlichen Bereich. Oder wäre das genau der falsche Ansatz? Sehe ich nur Risiken, nicht aber die Chancen? Unterschätze ich diese Kirchenbank? 

Ich lasse meinen Gedanken freien Lauf und male mir Folgendes aus: Angenommen, diese Kirchenbank fände tatsächlich ein neues, ein gänzlich anderes Zuhause. Zum Beispiel bei einem Fußballverein. Was könnte geschehen? 

Sie wird dort gehütet, gepflegt und perfekt gelagert. Bei jedem Heimspiel kommt sie dann zum Einsatz als Platz für den Trainer. Überdacht, versteht sich. 

Vom Kuriosum zum Maskottchen 

Und nun wird es interessant: Seitdem der Trainer das Spiel auf dieser Kirchenbank verfolgt, läuft es für die Mannschaft plötzlich. Sie eilt von einem Heimsieg zum nächsten. Bald hat sich die Kirchenbank vom belächelten Kuriosum zu einem Maskottchen entwickelt, dessen Auftauchen gefeiert wird. Nach dem Einlaufen der Mannschaft wird das Anliefern der Kirchenbank im Stadion frenetisch bejubelt.  

Kurz vor der Winterpause wird entschieden, die Bank erstmals zu einem Auswärtsspiel mitzunehmen. Und siehe da: Die chronische Schwäche der Mannschaft in fremden Stadien scheint gebrochen: 1:3 lautet das Ergebnis. 

Im Anschluss interviewt ein Reporter den erfolgreichen Teamchef und bittet, sich die Kirchenbank näher anschauen zu dürfen. Auf der Unterseite macht er eine Entdeckung und schaut fragend zum Trainer. Der grinst wissend, denn er kennt dieses winzige Schild mit dem Hinweis: Kann Spuren von Glauben enthalten. 

 

Zum Autor:  

Seit 25 Jahren steht der gebürtige Heidelberger Arnim Töpel (Jahrgang 1959) mit seinen Solo-Programmen beruflich auf der Bühne. Obendrein schreibt er Mundartbücher für Erwachsene und Kinder. Davor war er viele Jahre Hörfunkmoderator im Südwestfunk/SWR Baden-Baden. Von Haus aus ist er Jurist. 

Deutschland Autor Arnim Töpel
Bild: Evangelische Kirche

Dieser Beitrag wird redaktionell von den christlichen Kirchen verantwortet.