Wenn nur die Kohle nicht wäre
17. November 2017Ein bisschen zerknirscht sahen sie schon aus, die Spitzen der deutschen Delegation am letzten Tag der Klimakonferenz in Bonn. Ministerin Barbara Hendricks (SPD) und ihr Staatsekretär Jochen Flasbarth versuchten am Freitag, ein positives Fazit des Bonner Treffens zu ziehen. Überall wird Deutschland gelobt, so die deutschen Klimaverhandler: Toller Gastgeber, tolles Konferenzgelände, tolle Unterstützung für die Konferenz-Präsidentschaft aus Fidschi. Alles toll. Wenn da nur nicht die Kohle wäre.
Noch nie ist auf einer Klimakonferenz so viel über den klimaschädlichen Kohlestrom gesprochen worden. Über 20 Länder, darunter Frankreich, auch die Niederlande, einige US-Bundestaaten, wollen rasch aussteigen aus der Kohlenutzung. Deutschland hat in der Stromerzeugung immer noch einem Kohleanteil von fast 40 Prozent. Das ist der Hauptgrund, warum die Emissionen von Klimagasen in Deutschland zuletzt gestiegen sind.
Dauerstreit um die deutsche Kohle
Der Allianz der Kohleaussteiger ist Deutschland nicht beigetreten. Einen so weit reichenden Beschluss wollte Ministerin Hendricks, die nur noch geschäftsführend im Amt ist, nicht treffen. Aber sie sagte der DW nach ihrer Pressekonferenz: "Es ist ganz sicher, dass wir aus der Kohle aussteigen werden. Die Frage ist: In welchem Zeitraum und in welchen Schritten? Wie gibt es dann den Ausgleich für die Regionen, die davon besonders betroffen sind? Das steht schon im Klimaschutzplan, den wir vor einem Jahr beschlossen haben. Das ist die Basis des Handelns für die neue Regierung."
Die versucht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin gerade zu bilden, mit CSU, FDP und Grünen, was schwierig genug ist. Einer der Hauptstreitpunkte dabei: der Kohlestrom. Deutschland mal nicht ganz vorn auf Klimakonferenzen - auch für die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn, bis vor Kurzem Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, ist das eine ganz neue Erfahrung: "Das ist hart. Weil wir viele Jahre lang der Vorreiter waren. Jetzt gehen andere Länder voran - und nicht Deutschland."
Geräuschloses Kerngeschäft
Derweil wurde der eigentliche Kern der Verhandlungen weitgehend geräuschlos abgeschlossen. Der Pariser Vertrag von 2015, der alle rund 190 Staaten zu eigenen nationalen Klimazielen verpflichtet, wurde konkretisiert, so dass seine Details im nächsten Jahr auf der Folgekonferenz in Polen endgültig verabschiedet werden können. Eine nüchterne Arbeitskonferenz war das in Bonn. Aber die Umweltgruppen zogen doch ein überwiegend positives Fazit. Kristin Reissig von der Umweltgruppe WWF sagte der DW: "Ich denke, wir haben gesehen, dass der Geist von Paris lebt. Die Länder haben wirklich hart am so genannten Regelbuch gearbeitet, also an der eigentlichen Umsetzung des Paris-Vertrages."
Dennoch waren einige Entwicklungsländer enttäuscht, dass sich die reichen Staaten nicht zu mehr finanziellen Zusagen bewegen ließen in Bonn. 100 Milliarden Dollar sollen bis 2020 bereit stehen, um den armen Ländern zu helfen. Nur rund die Hälfte der Summe ist da. Es gibt also noch einiges zu tun.
Die USA können auch anders
Überraschend positiv war das Bild der USA auf der Klimakonferenz - allerdings nicht das der offiziellen US-Delegation von Präsident Donald Trump, die so gut wie unsichtbar blieb. Dafür demonstrierten Städte, Regionen, Universitäten und Einzelpersönlichkeiten, dass sie anderer Ansicht sind als der Klimaleugner Trump.
Eine nüchterne Arbeitskonferenz, ein leicht gerupfter deutscher Gastgeber, selbstbewusste Entwicklungsländer und die US-Gesellschaft als Vorreiter im Klimaschutz: Das war die pazifische Klimakonferenz in Bonn am Rhein.