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Klimaschutz kein Automatismus

7. Dezember 2004

Der internationale Klimaschutzvertrag - "das Kyoto-Protokoll" - ist seit Mitte Februar 2005 in Kraft. Der Vertrag regelt die weltweiten Anstrengungen zum Klimaschutz und zur Bekämpfung des Temperaturanstiegs bis 2012.

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Der Perito Moreno Glacier in Patagonien schmilztBild: AP


Kernpunkt des Kyoto-Protokolls ist die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in den Industrieländern um mindestens fünf Prozent für den Zeitraum 2008 bis 2012 im Vergleich zu 1990. Verbissen hatten rund 150 Staaten gegen den Widerstand der USA um diese Vereinbarung gerungen.

Industrieländer am Zug

Winter Schornsteine Rauch
Längst nicht alle Haushalte heizen umweltfreundlichBild: AP

Nur sehr wenige Länder sind auf dem Weg, ihre Treibhausgase bis 2012 so weit zu reduzieren, wie sie es 1997 in Kyoto zugesagt hatten. Und selbst, wenn sie dies schaffen, reicht es nach Ansicht von Umweltschützern, Wissenschaftlern und vielen Politikern lange noch nicht aus, um den Klimawandel ausreichend zu bremsen. Die 15 alten EU-Länder etwa hatten zugestimmt, ihre Treibhausgas- Emissionen bis 2012 durchschnittlich um acht Prozent im Vergleich zum Stand von 1990 verringern. Bis 2002 waren erst 2,9 Prozent erreicht. Lateinamerika ist ein Kontinent, den die Erderwärmung besonders hart treffen könnte.

Lateinamerika wird leiden

Ernte in Argentinien
Sojabohnen-Anbau 190 Kilometer nordöstlich von Buenos AiresBild: AP

Während einige Weltregionen bei einer Erderwärmung fruchtbarer werden könnten, nimmt die Nahrungsmittelproduktion in Lateinamerika bereits jetzt ab. Die Zahl der an Unter- und Mangelernährung leidenden Menschen könnte sich deshalb bis 2050 um 50 Millionen vergrößern. "Wir müssen Mais- und Weizensorten züchten, die mehr Feuchtigkeit oder mehr Hitze ertragen. Wenn mehr Wasser über der Antarktis verdunstet, wird es in Patagonien mehr regnen und zu großflächigen Erosionen kommen", sagt der argentinische Diplomat Raul Estrada-Oyuela. Dank seines Verhandlungsgeschicks kam 1997 das Kyoto-Protokoll überhaupt erst zu Stande.

Perito Moreno Gletscher schmilzt - Touristen
Die Gletschermassen in den Anden und Patagonien werden wenigerBild: AP

Höhere Temperaturen würden zudem den Energieverbrauch für Klimaanlagen und Kühlvorrichtungen in die Höhe treiben. Zugleich wäre die Stromversorgung gefährdet, da zum Beispiel Brasilien stark von Wasserkraftwerken abhängt, deren Leistung durch geringeren Niederschlag sinkt. Auch die Trinkwasserversorgung wäre gestört: Die zahlreichen Gletscher in den Anden und damit wichtige Vorratslager würden schmelzen. Höhere Meeresspiegel könnten Salzwasser in die Süßwasser-Flussarme drücken und die Trinkwasservorräte versalzen.

Entwicklungsländer im Fokus

Regenwald in Puerto Rico
Regenwald in Puerto RicoBild: AP

"Die Fähigkeiten, sich zu schützen, sind in etwa so ungleich verteilt wie der Ausstoß von Treibhausgasen", sagt Estrada ironisch. Darum hat er dafür gesorgt, dass sich die Diplomaten in Buenos Aires erstmals vorrangig mit der Frage beschäftigen, wie sich auch Entwicklungsländer an die neuen Klimabedingungen anpassen können. Sie wollen in erster Linie mehr Geld für höhere Deiche, dürre-resistente Pflanzen und zum Schutz gegen Stürme. "Nichts hat sich geändert, aber die Stimmung ist gut", beschreibt Estrada die Lage nach der Ratifizierung des Kyoto- Protokolls durch Russland. So mancher Klimadiplomat mag sich bangend fragen, zu welchen Zugeständnissen ihn der gewiefte und gut gelaunte Diplomat dieses Mal überreden könnte.

Was ist noch zu tun?

Flut in Bangladesh: Junge mit Krug, in dem sich Trinkwasser befindet
Alle Jahre wieder: Flut in BangladeshBild: AP

Das Kyoto-Protokoll hat durchaus Schwächen. Sein Ziel, bis 2012 den Ausstoß von Treibhausgasen in den reichen Ländern um fünf Prozent gegenüber 1990 zu mindern, ist kaum noch erreichbar. Die meisten Staaten haben seit 1990 eher noch an Emissionen zugelegt. Prosperierende Staaten wie China und Indien sind noch nicht zu Treibhaugasminderungen verpflichtet. Und die Emissionen von Flugzeugen und Schiffen sind noch nicht Gegenstand des Protokolls. Das muss dringend nachgeholt werden. Dass allerdings ein multilateraler Vertrag ohne die USA überhaupt zustande kam, ist von großer Symbolwirkung. (J. Thurau/arn)