"Wir geben dem Planeten eine Stimme"
15. März 2019Marko balanciert auf der Bordsteinkante am Invalidenplatz in Berlin. Der Strom an Demonstranten, der sich an ihm und seinen Mitschülern vorbeischiebt, reißt nicht ab. Tausende Schüler und Erwachsene sind zusammengekommen, um am bisher größten Aktionstag für weltweiten Klimastreik, organisiert von der "#FridaysForFuture"-Bewegung, teilzunehmen.
Heiter und farbenfroh. "Make the earth Greta again" ist auf einem der selbst gestalteten Plakate zu lesen. "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft raubt" auf einem anderen. Und: "Es gibt keinen Planet B".
Mit seiner rechten Hand hält Marko das Ende eines Banners: "Wir geben dem Planeten eine Stimme", steht darauf. Der 18-jährige geht in die 13. Klasse der Kant-Oberschule und ist mit seinem Bio-Grundkurs gekommen. "Die Ziele, die sich die Europäische Union setzt, sind einfach zu wenige. Wir haben keine Zeit mehr, und trotzdem wird die Zeit verplempert."
Doch sind CO2-Emissionen und Erderwärmung "coole" Themen für Jugendliche? "Cool?" Marko überlegt. "Naja, sie sind notwendig", sagt er.
In über 200 Städten wurde am Freitag für mehr Klimaschutz demonstriert. Allein in Berlin beteiligten sich über 20.000 Schüler und Studenten. Die Polizei war ursprünglich von 5000 Teilnehmern ausgegangen. Als die Demonstranten an der Bundesgeschäftsstelle der Grünen vorbeiziehen, stehen Annalena Baerbock und Robert Habeck auf dem Balkon und winken ihnen zu.
Hüpfen gegen Kohleabbau
"Wer nicht hüpft, der ist für Kohle", rufen nun die Veranstalter über die Lautsprecher und tausende von Jugendlichen hüpfen daraufhin Richtung Kanzleramt. Darunter Nina, Greta und Lydia. Sie gehen in die sechste Klasse der Charlotte-Salomon-Grundschule. "Die Plakate haben wir bei mir zuhause gemacht", erzählt Nina. Ihre Freundin Lydia ergänzt: "Die Politiker stecken in einer Zwickmühle. Sie sind ja Politiker geworden, damit sie Probleme lösen."
Und was denken die Mädchen über die Kritiker der Klimademos? "Die wollen einfach nur, dass wir damit aufhören. Sie sind auch nur neidisch, dass sie sich nicht trauen", denkt Nina.
Auf einem der Wagen mit den Boxen und Mikros thront Johanna. Sie hat die Demo mit organisiert. "Es gibt unglaublich viele, die sich hier engagieren in verschiedenen Gruppen. In der vergangenen Woche waren wir alle wahnsinnig angespannt", erzählt sie.
Unterstützung bekämen sie von verschiedenen Umweltorganisationen, zum Beispiel Greenpeace. "Wir mobilisieren vor allem über Social Media", sagt sie. Und schwärmt: "Es ist einfach nur cool zu sehen, dass sich so viele Leute für das Thema interessieren und alle dafür auf die Straße gehen, um eine bessere Klimapolitik zu fordern."
"Wir schwänzen nicht, wir machen eine Exkursion"
Auch Susan Navissi ist heute mit ihren Schülern hier. Sie unterrichtet "Lebenskunde" an der Richard-Grundschule in Berlin-Neukölln. Mit ihren Schülern habe sie viel zum Thema Klima-Gerechtigkeit gearbeitet.
"Wir schwänzen heute nicht. Wir machen eine wichtige Exkursion. Es geht um die grundlegende Frage: Wie wollen wir leben? Und das ist in jedem Fach wichtig. Wir machen hier gerade Unterricht. Ganz intensiv und mit ganz viel Motivation für die Kinder", ist die Pädagogin überzeugt.
Einer der vielen Erwachsenen, die am Rand stehen und den vorbeiziehenden Demonstranten zuwinken, ist Ullrich. Auf seinem Schild steht: "Jede Menge Unterstützer. Scientist for Future." "Das Thema muss in den Lehrplan aufgenommen werden", fordert der Agrarwissenschaftler. Es gäbe immer noch viele junge Menschen, die sich der Thematik überhaupt nicht bewusst seien, findet er. "Aber es sei auch sehr schön zu sehen, wie viele es sind."