Klinik-Belastung bestimmt die Corona-Regeln
18. November 2021Die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz wird der neue Maßstab für Corona-Regeln in Deutschland. Ab einem Wert von drei gelte in einem Bundesland flächendeckend für Veranstaltungen die 2G-Regel, ab einem Wert von sechs die 2G-Plus-Regel, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag im Anschluss an die Ministerpräsidentenkonferenz. Ab einem Wert von neun sollen noch weitere Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hinzukommen.
Die Hospitalisierungsinzidenz gibt an, wieviele Menschen je 100.000 Einwohner im Krankenhaus liegen - bei einem Wert von drei sind es also drei Patienten je 100.000 Einwohner. Die 2G-Regel bedeutet, dass nur Geimpfte und Genesene Zutritt zu Veranstaltungen bekommen. Die ab dem Wert sechs geltende 2G-Plus-Regel bedeutet, dass nur Geimpfte und Genesene mit einem aktuellen negativen Coronatest Zutritt bekommen. Dies alles gilt etwa für Freizeiteinrichtungen, Veranstaltungen, gastronomische Einrichtungen und körpernahe Dienstleistungen sowie Hotels. Das Robert-Koch-Institut hatte den Wert für Mittwoch mit 5,3 angegeben.
Aus dem Beschlusspapier geht ferner hervor, dass durch die Corona-Krise besonders belastete Unternehmen länger Wirtschaftshilfen bekommen. Der Bund verlängert die bisher bis Jahresende befristete Überbrückungshilfe III Plus bis Ende März 2022. Verlängert werden sollen auch Regelungen zur Kurzarbeit sowie die Neustarthilfe für Soloselbständige. Bund und Länder planen zudem Wirtschaftshilfen für Advents- und Weihnachtsmärkte, die von Corona-Schutzmaßnahmen in den nächsten Wochen besonders stark betroffen sein dürften.
Impfpflicht für Klinik- und Heimpersonal
Die Bundesländer fordern zudem eine Impfpflicht gegen Corona "einrichtungsbezogen" für Personal in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und bei mobilen Pflegediensten, wenn Kontakt zu besonders gefährdeten Personen besteht. Auch Personal von Einrichtungen der Eingliederungshilfe soll unter die Impfpflicht fallen. Die Länder bitten den Bund, die Impfpflicht "schnellstmöglich umzusetzen". Selbst versprachen sie bessere Kontrollen etwa von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen.
Als akutes Instrument zum Eindämmen der Corona-Welle gelten vor allem Auffrischungen länger zurückliegender Impfungen. Nach Teilnehmerangaben nannte Merkel bei den Beratungen als Ziel ein zeitnahes Angebot für 27 Millionen Impfungen. Dafür sollen neben den Praxen mehr öffentliche Angebote eingerichtet werden. Bisher haben 4,8 Millionen Menschen Auffrischungen bekommen.
Die Impfkommission weitete nach wochenlangen Diskussionen ihre bisher eng gefasste Empfehlung massiv aus. Ab sofort empfehle sie "allen Personen ab 18 Jahren die COVID-19-Auffrischimpfung", teilte die Stiko mit. Auch ein flexiblerer Umgang mit dem Zeitabstand ist vorgesehen: In der Regel soll sechs Monate nach der letzten Dosis nachgeimpft werden - eine Verkürzung auf fünf Monate sei im Einzelfall und bei genug Kapazitäten aber zu erwägen.
An der Videokonferenz am Donnerstag nahmen neben den Regierungschefs der Länder und Merkel auch der SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz teil, ferner weitere geschäftsführende Ressortchefs. Die Kanzlerin räumte offen ein, dass sie mit den getroffenen Absprachen insgesamt unzufrieden sei. "Hier bin ich der Meinung, dass dieser Katalog nicht ausreicht." Für den 9. Dezember wurde ein weiteres Bund-Länder-Treffen vereinbart.
3G am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen
Zuvor hatte der Bundestag die von SPD, Grünen und FDP vorgelegten Corona-Neuregelungen, die unter anderem den Nachweis einer Impfung, Genesung oder eines Tests (3G) am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen verlangen. Für Pflegeheime und Kliniken sollen Testpflichten für Beschäftigte und Besucher verankert werden. Auf der anderen Seite aber sollen etwa Schul- oder Geschäftsschließungen künftig nicht mehr möglich sind.
Außerdem wollen die Ampel-Parteien eine andere Rechtsgrundlage für Corona-Auflagen schaffen. Die "Epidemische Lage von nationaler Tragweite" soll am 25. November auslaufen. Dieser Ausnahmezustand gab den Landesregierungen bisher die Möglichkeit, auf einfachem Verordnungsweg weitreichende Schritte zu ergreifen. Künftig sollen die Landesparlamente zwar über Beschränkungen im Freizeit-, Kultur- oder Sportbereich entscheiden - Ausgangsbeschränkungen, pauschale Geschäfts- oder Schulschließungen sowie Reiseverbote sollen jedoch nicht mehr möglich sein.
Die Umsetzung der neuen Maßnahmen ist noch nicht sicher, weil CDU und CSU unzureichende Möglichkeiten für die Länder angeprangert und mit Ablehnung im Bundesrat an diesem Freitag gedroht hatten. Inzwischen zeichnet sich in der zweiten Parlamentskammer jedoch eine Mehrheit der Länder für die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes ab.
sti/uh (afp, dpa, rtr)