Knallhartes Abgleichen der Positionen
21. September 2003Es wurde viel um den heißen Brei geredet nach dem Treffen von Schröder, Chirac und Blair am Samstag (20.9.2003) in Berlin. Der Bundeskanzler, der französische Präsident, der britische Premier - keiner rückte so richtig raus mit der Sprache, als es um den Irak ging. "Haben Sie sich in dieser Frage aufeinander zu bewegt?", wollte ein französischer Journalist von den drei Staatsmännern wissen, und bekam als Antwort nur inhaltsleere Floskeln serviert - aber die sprachen für sich.
Die Positionen sind nach wie vor weit voneinander entfernt, Europa ist in der Irak-Frage gespalten wie zuvor. Aber man spricht wieder miteinander, weil es unvernünftig wäre, sich weiter anzuschweigen.
Also wird nach Gemeinsamkeiten gesucht - und da lassen sich auch welche finden. Zum Beispiel - ja tatsächlich! - die UN. Von US-Präsident George W. Bush und Blair schon fast mit dem Fluch der Irrelevanz belegt, taugt sie jetzt, da der Irak im Chaos zu versinken droht, wieder als Rettungsanker.
Also war viel von der Bedeutung der UN die Rede; auch die
Demokratisierung des Irak wurde nachdrücklich gefordert, denn dafür sind alle drei Staatsmänner uneingeschränkt. Wie das aber geschehen soll, wurde vernebelt.
Es war der französische Präsident, der schließlich die klarsten Worte fand: Er verlangte die unverzügliche Übergabe der Regierungsverantwortung an das irakische Volk und nannte als Zeitraum einige Monate. Ähnlich sieht es auch der Bundeskanzler, allerdings ohne Zeitangabe. Blair wiederum denkt vor allem an die Stabilität des Landes und den Wiederaufbau, und so werden die Gegner der Krieges nun wieder Gesprächspartner für ihn.
Auch Deutschland und Frankreich können helfen beim Wiederaufbau im Irak, und sie sagen dazu nicht grundsätzlich nein. Über diese Schiene läuft die Annäherung zwischen den seit dem Irak-Krieg zerstrittenen Europäern - der Dreiergipfel in Berlin und die moderaten Töne Blairs waren ein erstes Anzeichen dafür.
Auch die Wiederaufnahme des lange verlorenen Gesprächsfadens zwischen Schröder und Bush verläuft entlang dieser Linie. In der kommenden Woche wollen der Bundeskanzler und der amerikanische Präsident sich am Rande der UN-Vollversammlung in New York treffen - und nicht zurückblicken auf den alten Konflikt. "Was vorher war, ist bereits ein Stück Zeitgeschichte", gibt sich Schröder konziliant. Und da passt es, dass er vor seiner USA-Reise noch einmal mit Blair gesprochen - keiner der Europäer kennt die amerikanische Position besser.
Es war also kein harmonisches Dreiergeplänkel in Berlin, es war ein knallhartes Abgleichen der Positionen. Den Krieg nicht nachträglich legitimieren, sich aber trotzdem wieder ins Gespräch bringen - das ist es, woran die Bundesregierung zurzeit mit Hochdruck arbeitet.