"Kolossaler Betrug" bei Duma-Wahl?
7. September 2021Knapp zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Russland hat die Opposition vor massiven Manipulationen der online abgegebenen Stimmen gewarnt. Er erwarte einen "kolossalen Betrug", erklärte Iwan Schdanow, ein Vertrauter des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny. Die Russen hätten ohnehin wenig Vertrauen in ihr Wahlsystem, "unter diesen Umständen ist es ein echtes Verbrechen, sich ein System auszudenken, das noch weniger Vertrauen hervorruft", sagte Schdanow.
Beworben wird die neue Möglichkeit eines Online-Votings mit Plakaten und großen Gewinnen wie Wohnungen oder Autos. Alleine in der Hauptstadt Moskau haben sich laut offiziellen Angaben bereits mehr als 1,5 Millionen Bürger dafür registrieren lassen. Viele Oppositionelle gehen davon aus, dass elektronisch abgegebene Stimmen leichter zu fälschen sind.
"Smarte Abstimmung" ist offline
Die russische Medienaufsicht Roskomnadsor blockierte derweil die Nawalny-Internetseite "Smarte Abstimmung" (votesmart.appspot.com). Sie hatte Nutzer dabei unterstützt, jene Kandidaten zu wählen, die die größten Chancen auf einen Sieg gegen die Kandidaten der Partei "Geeintes Russland" von Präsident Wladmir Putin haben. "Smarte Abstimmung" habe die Arbeit "einer extremistischen Organisation fortgesetzt", teilte Roskomnadsor zur Begründung für die Sperre mit.
Die russischen Behörden hatten alle Organisationen mit Verbindungen zu Nawalny als "extremistisch" eingestuft. Unterstützer und Geldgeber des 45-Jährigen stehen seitdem auf einer Stufe mit Mitgliedern von Terrorgruppen wie dem "Islamischen Staat" (IS) oder Al-Kaida. Zahlreiche Vertraute Nawalnys leben inzwischen im Ausland oder stehen unter Arrest. Nawalny selbst sitzt derzeit in einer Strafkolonie östlich von Moskau.
Boris Wischnewski mal drei
Für Spott in den sozialen Netzwerken sorgte unterdessen das Foto einer Wahlliste für die Abstimmung zum Sankt Petersburger Stadtrat, die parallel zur Duma-Wahl abgehalten wird. Auf der Liste stehen neben Boris Wischnewski - Kandidat der Oppositionspartei "Jabloko" - zwei weitere Boris Wischnewskis, die ihm auch noch ähnlich sehen.
"Diese Leute treten zur Wahl an, nicht um gewählt zu werden oder ein Programm zu vertreten, sondern um Wähler durcheinanderzubringen", beschwerte sich der in Russland bekannte 65-jährige Wischnewski. Seine gleichnamigen Widersacher hätten für die Wahl extra ihre Namen und ihr Aussehen geändert. "Die Schummelei geht weiter."
wa/rb (dpa, afp)