The trend is your friend, sagt eine Börsenweisheit. Und wie weise die ist, wissen alle, die schon mal zu lange auf eine angeblich solide Aktie gesetzt haben. Der Trend ist manchmal gemein und alles andere als dein Freund. Zum Beispiel bei Niko Kovac: Der Hashtag #KovacOut trendete am Samstagabend auf Twitter in Deutschland. So nennt man das im Social-Media-Deutsch, wenn in kurzer Zeit viele User über das gleiche Thema sprechen. #KovacOut, also die Forderung nach dem Rauswurf des (Noch-)Bayern-Trainers Niko Kovac, ist aktuell in aller Munde. Und dies nicht mehr nur auf der Heimfahrt von der Arena mit der Bahn oder beim Bier in den Münchener Kneipen, sondern gut sichtbar in den sozialen Netzwerken.
Auch das gehört zum Alltag eines Trainers, dem vielleicht stressigsten Job im Fußball-Business. Noch bevor sich auf der Stehtribüne die Fans mit Gesängen oder Spruchbändern gegen den Trainer stellen, tun sie es heute auf Twitter, Facebook oder Instagram. Den Frust der Fanseele nach enttäuschenden Ergebnissen wie dem jüngsten 2:2 des FC Bayern beim Underdog FC Augsburg kriegt zu allererst in der Regel der Trainer ab. Bei Niko Kovac geschieht das jedoch quasi mit Ansage.
Kein „Mia san mia"
Denn von Beginn an fehlte Kovac die ungeteilte Rückendeckung im Verein. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vermied es auffällig oft, sich klar zum Trainer zu bekennen und gilt nicht gerade als dessen Förderer. Wegen Kovac soll es auch zum Streit zwischen Rummenigge und Noch-Präsident Uli Hoeneß gekommen sein. Von seinem ersten Tag an musste sich Kovac für seine angeblich geringe internationale Trainererfahrung rechtfertigen. Dabei führte er Kroatien zur WM und Eintracht Frankfurt in die Europa League. Beides nette Erfolge, aber eigentlich viel zu wenig für das "Mia san mia"-Selbstverständnis des FC Bayern. Und genau hier liegt das Problem.
Die Bayern wählten einen Trainer, dem sie eigentlich nicht wirklich etwas zutrauten. Als "kleine Lösung" wurde er bezeichnet an der Säbener Straße, die verwöhnt war von klingenden Trainernamen wie Pep Guardiola, Carlo Ancelotti oder Jupp Heynckes. Dass mangelndes Vertrauen nicht in Erfolg mündet, sollte nun niemanden überraschen. Und wenn Kovac dann sagt, dass sein Team noch nicht so weit sei, "drei oder vier gute Spiele am Stück zu liefern", ist das eben nicht, was man in München hören will und nicht wirklich "Mia san mia". Aber woher soll das Selbstvertrauen auch kommen?
Entweder oder: Rückendeckung oder Rauswurf
Zwei Unentschieden, eine Pleite und nur zwei Siege gegen die Kellerkinder Paderborn und Köln - so lautet die ziemlich bescheidene Bilanz der Bayern aus den letzten fünf Bundesliga-Spielen. Ein zwischenzeitlicher 7:2-Kantersieg gegen den Vorjahresfinalisten der Champions League, Tottenham Hotspur, verhalf nur kurz zur Stimmungsaufhellung. Die Katerstimmung nach dem Oktoberfest hält also an in München.
Jetzt gibt es genau zwei Lösungen für das Dilemma: Entweder die gesamte Führung des FC Bayern München stellt sich nun und gerade jetzt demonstrativ hinter Niko Kovac. Oder sie beendet jetzt dieses Kapitel, das sich liest wie ein einziges Missverständnis.