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In der Zwickmühle

Baha Güngör1. Oktober 2014

Die Türkei muss sich militärisch am Kampf gegen IS in Syrien und dem Irak beteiligen. Gemeinsam mit den Kurden. Sie zahlt jetzt die Zeche fur den außenpolitischen Zick-Zack-Kurs der vergangenen Jahre, meint Baha Güngör.

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Kampf um Kobane: Aus der Stadt steigt eine Rauchsäule auf (Foto: Reuters)
Die Kämpfe um Kobane dauern anBild: Reuters/Murad Sezer

Die Hiobsbotschaften aus der Kampfzone auf der syrischen Seite der gemeinsamen Grenze werden für die Türkei immer dramatischer: Die Offensive der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) auf die syrisch-kurdische Stadt Kobane nahe der Türkei konnte bislang nicht gestoppt werden. Auch aus anderen syrischen Regionen sowie aus dem Norden Iraks reißen die schlechten Nachrichten über weitere Erfolge des IS nicht ab.

Am Donnerstag entscheidet nun das türkische Parlament darüber, ob der türkischen Armee grenzüberschreitende Operationen auf syrischem ebenso wie auf irakischen Territorium erlaubt werden. Zudem wird wohl auch über die Nutzung des türkischen Staatsgebiets durch ausländische Streitkräfte im Kampf gegen IS entschieden.

Kampf gegen den IS mit oder ohne Assad?

Doch der Vorstoß auf syrisches Territorium ohne ein offizielles Ja aus Damaskus könnte die Türkei und ihre Verbündeten unter Führung der USA noch sehr teuer zu stehen kommen. Das Assad-Regime zittert zwar ebenfalls vor dem IS und müsste sich insofern über jede Unterstützung im Kampf gegen die Terror-Milizen freuen. Zumal der neue gemeinsame Feind ja eine Aufweichung des harten westlichen Kurses gegen Assad in Aussicht stellt. Aber dennoch gibt es bisher keine Zustimmung des Assad-Regimes für militärische Operationen auf seinem Gebiet.

Einfach einmarschieren und gegen den IS kämpfen, sollten die Türken, die Amerikaner und ihre Verbündeten jedenfalls nicht. Das könnte von Damaskus als "Kriegserklärung" mit ungewissen Folgen bewertet werden. Andererseits können weder die Türkei noch die USA ihr weiteres Vorgehen nicht vom Einverständnis des Diktators Assads abhängig machen. Der Ausweg aus dieser vertrackten Situation könnte nur ein UN-Mandat auf möglichst breiter Basis sein - mit der Zustimmung Russlands und Chinas als ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates.

07.08.2014 DW Quadriga Studiogast Baha Güngör
Baha Güngör, Leiter der Türkischen Redaktion der DW

Unkritische Parteinahme war ein Fehler

Die Zwickmühle, in der die Türkei jetzt steckt, hat sie zum größten Teil selbst zu verantworten: Sie setzte alles auf einen schnellen Sturz Assads. Mit ihrer allzu sorglosen Unterstützung jeglicher Opposition gegen den Despoten hat sie auch brutalen islamistischen Fundamentalisten gestärkt. Der Verdacht, größere Gruppen der IS könnten sich längst auch in der Türkei eingenistet und mehrere Terrorzellen gegründet haben, hat die Gesellschaft schockiert, massive Ängste ausgelöst.

Sollte es sich bewahrheiten, dass IS-Terroristen die 36 Mann starke türkische Ehrengarde an der Grabstätte des Großvaters des ersten osmanischen Sultans umzingelt haben, wird die Türkei das auf keinen Fall ohne Gegenreaktion akzeptieren. Die Grabstätte ist exterritoriales Gebiet der Türkei innerhalb Syriens.

Türken und Kurden müssen an einem Strang ziehen

Unter dem Eindruck dieser Nachrichten stehen dem türkischen Parlament am Donnerstag heftige Debatten bevor. Doch gibt es eine bessere Alternative, als der Regierungsvorlage zuzustimmen? Und so werden vor allem die Abgeordneten der religiös-konservativen Regierungspartei AKP die aktive Einmischung der türkischen Armee in den Krieg an der Außengrenze der NATO zum Nahen Osten hinnehmen.

Angesichts der aktuellen Sorgen und Nöte der Türkei droht die friedliche Öffnung zu den Kurden auf der Strecke zu bleiben - das ist eine weitere negative Folge der bisherigen Unschlüssigkeit in der Nahostpolitik Ankaras. Erneute Spannungen zwischen Kurden und Türken im Osten und Südosten Anatoliens dürften indes den gemeinsamen Kampf gegen den "Islamischen Staat" sehr erschweren.