Arabische Regime biedern sich Trump an
In ihrer tiefen Skepsis gegenüber dem Wahlsieger hatten viele europäische Politiker ziemlich intensiv am Wortlaut ihrer Glückwünschtelegramme an Donald Trump gefeilt. Nicht so der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi. Er preschte mit kernigem Ehrgeiz und spürbarer Freude vor, so dass Ägyptens Staatsmedien kurze Zeit später verkünden durften, al-Sisi sei der erste internationale Staatschef gewesen, der dem künftigen US-Präsidenten telefonisch zum Wahlsieg gratuliert habe.
Warum setzt ein arabischer Machthaber wie al-Sisi ausgerechnet auf einen Politiker wie Trump, der für negative Äußerungen über Muslime bekannt ist? Experten wie Bachir Abdelfatah vom „Al Ahram Center for Political and Strategic Studies" in Kairo sehen dafür mehrere Gründe. Erstens: die gestörten Beziehungen beider Länder seit dem Sturz von Ex-Präsident Mohammed Mursi und den darauf folgenden blutigen Auseinandersetzungen im Lande. Barack Obama war dazu klar auf Distanz gegangen, Trump scheint sich nicht weiter daran zu stören. Zweitens hatte es schon vor der Wahl eine Art politischen Flirt zwischen beiden Politikern gegeben: Trump hatte dabei keinen Hehl daraus gemacht, dass er al-Sisi als regionalen Stabilitätsfaktor schätzt - und hatte ihn zugleich mit kritischen Nachfragen zum Thema Menschenrechte verschont. Drittens dürfte auch Trumps klare Haltung zu al-Sisis Erzfeinden, den Muslimbrüdern, entscheidend sein. Trump sieht sie nicht als schwierige Partner für einen notwendigen Dialog, sondern stempelt sie pauschal als Terrororganisation ab. Mit dieser Haltung hätte er angesichts der heutigen Machtverhältnisse in Kairo genauso gut ägyptischer Präsident werden können.
Al-Assad wittert seine Chance
Neben als-Sisi dürfte sich aber auch Syriens Diktator Baschar al-Assad über Trumps Wahlsieg freuen - auch wenn der amerikanische Wahlsieger ihm offiziell nicht dieselbe Wertschätzung entgegenbringt wie al-Sisi. "Ich mag Assad überhaupt nicht", hatte Trump in einem seiner TV-Duelle mit Hillary Clinton sogar erklärt. "Aber" - so seine ganz entscheidende Einschränkung - "Assad tötet den IS!" Also den sogenannten "Islamischen Staat". Die Gräueltaten und Verbrechen, denen das syrische Volk tagtäglich ausgesetzt ist - gerade auch seitens des Regimes - waren Trump nicht einmal eine Erwähnung wert. Das Regime in Damaskus versteht dies offenbar bereits als vorsichtige Annäherung. "Die erwartete Wende", titelte "Al-Baath", das offizielle Organ der syrischen Staatspartei, auffällig positiv über Trumps Wahlsieg. Andere Kommentatoren aus dem Umfeld von al-Assad und seiner Verbündeten freuen sich bereits, dass mit Trump das Thema Regimewechsel in Damaskus endgültig vom Tisch sei. Damit könnten sie vielleicht sogar Recht behalten. Denn Trump will den IS vor allem deshalb bekämpfen, weil dieser auch amerikanische Bürger tötet. Dass zeitgleich in Syrien hunderttausende Araber, Kurden und andere Bevölkerungsgruppen durch verbrecherische Taten des Regimes sowie von außen gesteuerter Milizen ums Leben gebracht werden, dürfte ihn wohl solange kaum interessieren, solange nicht auch Al-Assad gewaltsam gegen US-Bürger vorgeht.
Auch die Regierungen von Saudi-Arabien und dem Irak dürften sich Hoffnungen machen, mit Trump politisch zumindest einigermaßen gut kooperieren zu können - auch wenn ihnen gewiss nicht jede seiner politischen Äußerungen und Ankündigungen gefällt. Hillary Clinton wäre ihnen aber keinesfalls lieber gewesen. Die Saudis sind vor allem sehr froh darüber, dass Trump den Atomdeal mit ihrem Erzrivalen Iran in Frage stellt. Und Iraks Premier Haidar Al-Abadi erhofft sich durch Trumps Wahlsieg eine noch stärkere Unterstützung aus Washington im Kampf gegen den IS.
Fragwürdige Annäherungsversuche
Lohnend ist ein Vergleich der offiziellen arabischen Glückwünsche zum Wahlsieg von Trump mit der sorgsam abgewogenen Gratulation, die Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel ihm in Form eines Pressestatements vor laufenden Kameras zukommen ließ: Auch Merkel gratulierte Trump. Sie machte dabei aber sehr deutlich, dass eine Zusammenarbeit weiterhin auf Basis gemeinsamer Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschenwürde erfolgen müsse. Merkel kann sich eine solche starke, stolze und selbstbewusste Äußerung leisten, weil sie selbst frei und demokratisch gewählt wurde. Dagegen wirken nicht wenige Annäherungsversuche arabischer Staatsführer an den künftigen US-Präsidenten wie plumpe Anbiederungsgesten, gerade wenn man bedenkt, dass Trump im Wahlkampf keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen Muslime gemacht hatte. Damit geben die arabischen Staatschefs nicht nur ein erbärmliches Bild vor ihren eigenen Bevölkerungen ab. Viele fühlen sich zudem in ihrer eigenen Unterdrückungspolitik bestärkt, obwohl sie, anders als Trump, keinesfalls durch freie, faire und demokratische Wahlen an die Macht gekommen sind.
Leider kann man derzeit nur feststellen: Trumps Wahlsieg ermutigt die Autokraten in der arabischen Welt. Das ist eine gefährliche Tendenz! Und eine weitere deprimierende Erfahrung für alle, die sich dort trotz aller Widrigkeiten weiter für Reformen einsetzen.
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