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Augen zu und weiter verhandeln

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Jens Thurau
11. Mai 2016

Ernüchterndes Fazit der neuen Außenminister-Runde: Bei den Gesprächen zur Lösung der Ukraine-Krise sind vor allem Optimisten gefragt, die sich von der bitteren Realität nicht beirren lassen, meint Jens Thurau.

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Gespräche in der Villa Borsig zur Ukraine-Krise (Foto: Reuters/H. Hanschke)
Bild: Reuters/H. Hanschke

Frank-Walter Steinmeier, Deutschlands Außenminister, ist normalerweise das, was man einen geborenen Diplomaten nennt: immer höflich, stets um Kompromisse bemüht, sorgfältig in der Wortwahl - bis zur Langeweile. Wenn er mal so richtig Klartext spricht, sollte man hinhören: Der Friedensprozess in der Ukraine sei faktisch zum Stillstand gekommen, meinte Steinmeier am Dienstag, die Gefahr neuer Kämpfe sei virulent. Und über das März-Treffen der Vierergruppe (Deutschland, Frankreich, Russland, Ukraine), die seit zwei Jahren versucht, die Lage in den Kampf-Gebieten der Ost-Ukraine zu verbessern, rutschte Steinmeier dieser Satz raus: "Das Wetter war schlecht, und die Gespräche waren es auch." Jetzt, in Berlin, waren die Gespräche immerhin "durchwachsen". So bescheiden sind sie geworden, die Ukraine-Verhandler.

Große Herausforderungen, kleine Ergebnisse

Zur Entlastung der Diplomaten ist zu sagen: Es gibt auch sehr viel auf einmal zu regeln: Den brüchigen Waffenstillstand verteidigen (tatsächlich wird weniger gekämpft, vor allem in den vergangenen Wochen, aber friedlich ist es auch nicht), künftige Kommunalwahlen in den Separatistengebieten vorbereiten (unklar, ob es der OSZE gelingt, für deren Durchführung zu sorgen), die für die Wahlen notwendige Gesetzesänderungen in der Ukraine einfordern (die Präsident Poroschenko längst versprochen hat, aber nicht zu Wege bringt). Immerhin: Jetzt einigten sich die Konfliktparteien darauf, in der Kampfzone ihre Truppen zu entflechten und besser miteinander zu kommunizieren. Das ist dann schon ein Ergebnis, dass als Erfolg gilt. Jetzt muss diese Einigung nur noch mit Leben erfüllt werden.

Und das alles geschieht, während die EU-Führungsländer Deutschland und Frankreich als Mittler eigentlich zuhause ganz andere Sorgen haben: Flüchtlingskrise, neuerdings wieder Griechenland, Rechtspopulismus, Streit mit den osteuropäischen EU-Ländern auf so gut wie allen Feldern. Schon lange wird von Osteuropa-Experten in Deutschland beklagt, dass der Ukraine-Konflikt fast in Vergessenheit geraten ist. Und so gleichen sich die Bilder, die Statements auch auf eine bedrückende Art und Weise: Vor den Türen der Villa Borsig am Tegeler See in Berlin, in der sich die vier Außenminister stets treffen, ist die Mimik der Verhandler angespannt, die Sorge groß, die Ratlosigkeit auch.

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Jens Thurau ist Korrespondent im DW-Hauptstadtstudio

Europa auf sich selbst gestellt

So sieht das aus, wenn Amerika beschließt, die Europäer selbst machen zu lassen, was Präsident Obama tut, von gelegentlichen Besuchen und Mahnungen von John Kerry abgesehen. Der Druck auf Russlands Präsident Putin, der die pro-russischen Separatisten unterstützt, ist nicht stark genug, nicht in der gegenwärtigen Lage, in der Putin etwa auch in Syrien eifrig Weltpolitik betreibt. Und die Europäer haben auf Poroschenko gesetzt und wurden enttäuscht - denn Korruption und politisches Chaos sind geblieben in der Ukraine.

Was nun? Klingt komisch, aber: Weitermachen! Die Kommunalwahlen irgendwie auf die Beine stellen, Kontakt halten, mit kleinen Schritten nach vorne gehen, wie bei der jetzt vereinbarten Erhöhung der Sicherheit in der Kampfzone (wenn sie denn kommt). Die EU-Sanktionen gegen Russland, die bald auslaufen, müssten eigentlich verlängert werden. Man wird sich weiter oft sehen in der Villa Borsig, wie bisher schon acht Mal. Nur auf schnelle und entscheidende Erfolge sollte man wohl nicht bauen. Und wenn dann weiter nichts passiert, gibt es vielleicht so etwas wie Minsk Drei, was Steinmeier schon mal angedeutet hat. Noch ein Abkommen, gleicher Inhalt, gleiche verfahrene Lage. Oder Europa zieht sich zurück aus dem Konflikt, was fatal wäre, aber auch nicht undenkbar ist. Denn dieser Konflikt ist eben auch ein Beispiel dafür, wie begrenzt die Möglichkeiten internationaler Friedensdiplomatie in einer multipolaren Welt sind.

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