Die von der EU verhängte Rekordstrafe gegen den US-Internetkonzern Google und seine Muttergesellschaft Alphabet hat wenig bis gar nichts mit den aktuellen Verstimmungen im transatlantischen Verhältnis zu tun. Aus dem Weißen Haus oder der nationalistisch-konservativen Anhängerschaft des US-Präsidenten werden wieder gegenteilige Stimmen zu hören sein. Ähnliche Verfahren gibt es auch in Indien oder der Türkei.
Donald Trump mag einen Angriff auf amerikanische Firmen, die ihre Marktstellung missbrauchen, als Angriff auf sich sehen. Er liegt falsch, wie in so vielen Dingen, wenn er meint, diese "Steuer-Frau hasst Amerika". Trump beschwerte sich mit diesen Worten letzte Woche über die EU-Kommissarin für Wettbewerb, Margrethe Vestager, die gegen Google und andere ermittelt. Die dänische Kommissarin nimmt es gelassen. Für sie ist nach jahrelangen Untersuchungen klar, dass der Internet-Riese seine Vormachtstellung beim Betriebssystem Android ausnutzt, um eigene Produkte zu platzieren und dadurch mehr Geld zu verdienen.
Schon lange hat die Europäische Kommission Google, Apple und Amazon im Visier, nicht weil sie ihren Muttersitz in den USA haben, sondern weil sie so erfolgreich ihre Marktstellung in der EU ausbauen und diese womöglich missbrauchen. Es gibt einfach keine so großen europäischen Konzerne mit einer so überragenden Marktmacht.
US-Behörden ließen Google ungeschoren
Sicherlich haben Internetkonzerne davon profitiert, dass in ihrem Heimatland die Anti-Trust-Regeln zwar streng sind, bislang aber nicht konsequent angewendet werden. Ein ähnliches Verfahren gegen Google wie in Europa endete in den USA bereits 2013 mit einem Vergleich. Der neue Direktor der zuständigen "Federal Trade Commission", die für Wettbewerb zuständig ist, will das Verfahren gegen Google eventuell neu aufrollen. Gleichzeitig nimmt der Behördenchef, der von US-Präsident Donald Trump ernannt wurde, auch Facebook und den Versandhändler Amazon unter die Lupe.
Die EU macht also nur das, was die Amerikaner auch machen sollten: Genauer hinschauen und sich nicht von den Marketing-Phrasen und dem Lobbyisten-Gewäsch einlullen lassen. Im Übrigen wird die Europäische Kommission dann in Sachen Wettbewerb tätig, wenn sich Mitbewerber begründet über unlautere Methoden beschweren. Nationale Motive spielen da eher selten eine Rolle.
Ob Google und andere ihre Unternehmensstrategien nach den Strafbefehlen jemals tiefgreifend ändern werden, ist unklar. Zunächst einmal wird man ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof abwarten müssen. Das kann zwei bis vier Jahre dauern, ist aber in den allermeisten ähnlichen Fällen immer zugunsten der EU ausgegangen.
Die Strafe von fünf Milliarden US-Dollar, die Google jetzt aufgebrummt wurde, mag hoch erscheinen. Man muss aber auch sehen, dass der Missbrauch über Jahre stattfand, in denen satte Gewinne eingefahren wurden. Google soll über Bar-Reserven von 90 Milliarden Dollar verfügen. Die Strafe ließe sich also finanziell verschmerzen. Teuer wird es erst dann, wenn das Gericht befindet, dass Google sich unrechtmäßig nicht an die neuen Auflagen der EU-Kommission hält. Dann kämen noch einmal 6,5 Milliarden Dollar dazu, und zwar jedes Jahr.
Trump arbeitet gegen Amazon
Trump selbst hat übrigens den Internet-Warenhändler Amazon scharf kritisiert, weil dieser nach Ansicht des Präsidenten die kleinen Geschäfte in der wirklichen Welt auffrisst. Außerdem ist Amazon-Gründer Jeff Bezos auch Besitzer der Zeitung "Washington Post", die die Präsidentschaft Trumps überaus kritisch begleitet und fast täglich neue Volten des Trump-Clans im Weißen Haus offenlegt.
Bezos hat Trump als persönlichen Intimfeind gebrandmarkt, kein Wunder also, dass der Präsident auf den Internethändler eindrischt. Dass Amazon in der Tat eine überragende Marktstellung in den USA innehat, lässt sich nicht bestreiten. Auch deshalb will die "Federal Trade Kommission" den Laden jetzt auf den Kopf stellen. Ein Schelm, wer dabei politische Motive vermutet.