Im Social-Media-Zeitalter brauchen wichtige Botschaften kurze, knackige Slogans, am besten in #Hashtag-Form. Ein paar Zeichen, die alles sagen, die alle verstehen - und die natürlich alle teilen sollen. "#BienvenueKylian" lautete der gesamte Text eines Tweets, mit dem Paris Saint-Germain den nächsten Wahnsinns-Transfer verkündet: Willkommen, Kylian. Mit dieser simplen Botschaft soll vor allem die große Freude über den Wechsel des Megatalents transportiert werden - und am besten auch nicht mehr als das. Bitte keine erneute Diskussion um die Summe (180 Millionen Euro), das lief schon beim Neymar-Transfer (222 Millionen Euro) völlig aus dem Ruder. Es geht ja schließlich um Fußball, die schönste Nebensache der Welt. Emotionen zählen, Zahlen sind nur Schall und Rauch.
Und genau da liegt das Problem. Die Zahlen, mit denen das Fußball-Business neuerdings hantiert, sind so schwindelerregend hoch, dass sie sich schlicht nicht mehr rechtfertigen lassen. In der Pressemitteilung von PSG wird sie auch lieber verschwiegen. Man will den Fan nicht irritieren. Durchgesickert ist sie dennoch, schließlich will Nasser al-Khelaifi auch der ganzen Welt zeigen, was das neue Paris Saint-Germain sich leisten kann. Sein Paris Saint-Germain. Dem katarischen Geschäftsmann gehört mit seinem Staatsfond "Qatar Sports Investments" die Mehrheit an PSG. Sein Ziel: Mit Millionen-, korrigiere: Milliarden-Investitionen an die Spitze des Weltfußballs. Der Plan könnte angesichts der verpflichteten spielerischen Klasse tatsächlich aufgehen. Aber er birgt ein großes Risiko für den gesamten Fußball.
Aufgepumpt mit immer mehr Geld
Denn die Spirale ist längst in Gang. Mit den Neymar-Millionen konnte der FC Barcelona Ousmané Dembélé aus Dortmund loseisen - für eine Summe, die vor dem Neymar-Deal niemand gefordert oder gar bezahlt hätte. Die Logik: Ihr habt das viele Geld, jetzt wollen wir es auch. Die Folge: Immer mehr Geld wird durch die Arterien des Fußballs gepumpt, immer höher dreht sich die Spirale der Ablöse- und Gehaltsforderungen. Das Geld ist ja da - zumindest bei einigen wenigen.
Nun also Kylian Mbappé. Er ist so etwas wie das gefragteste Werk auf dem Weltkunstmarkt. Ein - pardon, Monsieur Mbappé - Objekt, das jeder will, das Fantasien weckt, Spekulanten gewaltige Gewinne und natürlich Prestige verspricht. Mbappé, ein Künstler auf dem Platz, gerade einmal 18 Jahre alt und schon einer der besten Stürmer der Welt. 15 Tore in 29 Ligaspielen, dazu beeindruckende Auftritte in der Champions League mit sechs Treffern. "Quelle classe!", jubeln sie in Frankreich. Alle sind völlig geblendet von der Leichtigkeit, mit der der bullige Teenager durch gegnerische Strafräume marschiert. Da wird auch gern übersehen, dass für seinen Transfer mal wieder Regeln gebrochen werden, dass es nur so kracht.
Den Preis werden die Fans zahlen
Das sogenannte "Financial Fair Play", das längst zur leeren Worthülse verkommen ist, wird einfach umgangen, in dem Mbappé zunächst von Monaco an Paris ausgeliehen wird. Anschließend besitzt die PSG eine Kaufoption für einen Vertrag bis 2022. Die wird man natürlich ziehen und die vereinbarten 180 Millionen überweisen. Ein dreistes Manöver des Pariser Scheich-Spielzeugs. Der eigentliche Skandal aber ist: Die UEFA wird auch diesen Deal durchgehen lassen. Zu wichtig sind die reichweitenträchtigen Stars, die sich in Paris versammelt haben. Zu viele Funktionäre und Berater verdienen direkt oder indirekt mit an den Geschäften.
Das demonstrative Wegschauen der UEFA wird allerdings Folgen haben: Die Schere zwischen Arm und Reich wird auch im Fußball größer werden, der Wettbewerb ungleicher. Und: Der Fußball wird teurer werden, sehr viel teurer. Irgendwann werden sich die Investoren - wie in der englischen Premier League bereits zu sehen - zumindest einen Teil ihres Geldes wiederholen wollen: über teurere Tickets, teurere Merchandising-Artikel, teurere Video-Abos, mehr Pay-TV-Verträge. Das sollten die PSG-Fans bedenken, ehe sie freudig twittern: #BienvenueKylian!
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