Deutschland blickt auf zwölf Monate zurück, in denen mehr als eine Million Menschen aus Ländern außerhalb der EU zu uns kamen, weitgehend unkontrolliert. Viele von ihnen - ihre genaue Zahl kennt niemand, eben weil dem Staat die Kontrolle entglitten war - waren weder Bürgerkriegsflüchtlinge, die um ihr Leben fürchten mussten, noch konnten sie politische Verfolgung geltend machen. Zu dieser Gruppe gehört die große Mehrheit der Migranten aus den Maghreb-Staaten. Ihre Asylanerkennungsquote liegt bei etwa ein bis zwei Prozent. Trotzdem sind sie ins Land gekommen, und trotzdem werden die wenigsten von ihnen abgeschoben.
Das sendet an die Bewohner des Maghreb das Signal: Versucht es nach Deutschland! Wenn ihr es dorthin schafft, werdet ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit bleiben können, selbst wenn ihr kaum Chancen auf politisches Asyl habt. Den verblüfften Deutschen wiederum hat es gezeigt, dass Staat und Regierung einen gigantischen Fehlanreiz dulden.
Sollte es jetzt gelingen, Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, würde das keineswegs das Ende des individuellen Asylrechts bedeuten, das Deutschland so einzigartig in der Welt macht. Wer Verfolgung nachweisen kann, erhält weiterhin Schutz. Aber eine solche Festlegung würde endlich das richtige Zeichen setzen: einmal an die Menschen des Maghreb, dass sie im Normalfall nicht mit Asyl rechnen können, und an die deutsche Bevölkerung, dass der Staat endlich gewillt ist, Schritt für Schritt die Kontrolle über die Einwanderung zurückzugewinnen.
Das Asylsystem muss glaubwürdig bleiben
Wenn trotzdem viele Grüne (und Linke und einige SPD-Politiker) es immer noch ablehnen, die drei Länder für sicher zu erklären, kann man daraus nur den Schluss ziehen, dass sie den Missbrauch des Asylsystems weiterhin tolerieren wollen. Sie sehen offenbar in fast jedem Land der Erde untragbare Verhältnisse.
Natürlich würde es die Probleme bei der Abschiebung kaum lösen, wenn Marokko, Algerien und Tunesien als unbedenkliche Drittstaaten eingestuft werden. Doch wenn die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt jetzt (in der "Heilbronner Stimme") meint, das ganze Konzept der sicheren Herkunftsländer bringe nichts, weil viele Ausreisepflichtige "von ihrem Heimatland einfach nicht zurückgenommen werden", entlarvt sie ihre eigene Beweisführung. Das kann kein Argument gegen das Gesetz sein, sondern muss im Gegenteil eines dafür sein, damit erst gar nicht so viele Asylsuchende ohne Anerkennungschance nach Deutschland kommen.
Der Umgang mit dem Thema Abschiebung ist ohnehin genauso verräterisch wie die Haltung zu sicheren Herkunftsländern. Da Abschiebungen Ländersache sind, sieht man hier ganz deutlich, welche Landesregierungen besonders unwillig sind und welche konsequenter abschieben. Auch das zeigt, wie ernst es der Staat mit dem Asylrecht meint. Man fragt sich, wozu es in Deutschland ein faires Asylverfahren gibt, wenn es am Ende gar nicht auf das Ergebnis der Prüfung ankommt. Ein Asylsystem ist nur dann glaubwürdig, wenn abgelehnte Bewerber wirklich das Land verlassen müssen.
Wer jeden Versuch blockiert, das Asylrecht auf die wirklich Schutzbedüftigen zu beschränken und Missbrauch zu verhindern, darf sich über wachsenden Rechtspopulismus nicht wundern.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!