Was erwartet Gott von Frankreich? Er schickt Plage um Plage, wie schon im 13. Jahrhundert vor Christus. Damals waren die alten Ägypter die Opfer. Sie mussten Stechmücken, Hagel und schwarze Blattern ertragen, bis der Pharao endlich einlenkte und das versklavte Volk Israel ziehen ließ. Jetzt schickt er russische Hooligans nach Marseille, historische Fluten nach Paris und den französischen DJ David Guetta zur Eröffnungsfeier der Euro 2016.
Im Ernst: Frankreich hat es zur Zeit nicht leicht. Links wähnt sich die kommunistisch veranlagte Gewerkschaft CGT nach wie vor im Jahr 1968 und rebelliert gegen das Arbeitsmarkt-Reförmchen der Regierung. Rechts freut sich Populistin Marine Le Pen über Migrationskrise, möglichen Brexit und magere Wirtschaftsdaten, denn all das treibt ihr immer mehr Wähler zu. Und als wäre das nicht genug, legt sich die Angst vor islamistischem Terror über alles. Der jüngste Vorfall in Magnanville bei Paris zeigt leider wieder einmal: Die Angst ist berechtigt.
Dabei gibt es so vieles, das man lieben kann an Frankreich: die Rotweine des Saint-Émilion, die abgeschliffenen Gebirgszüge der Pyrenäen, die unendlichen Weiten des Louvre-Museums. Die liebenswürdige Aufsässigkeit, die Metro in Paris (wenn sie nicht bestreikt wird), das Filmfestival in Cannes. Hochgeschwindigkeitszüge, die Tour de France, die erloschenen Vulkane der Auvergne. Den Liberalismus, Frühlingstage in Toulouse, die Farbe des Mittelmeers bei Marseille. Was zur Zeit passiert, hat dieses eigentlich großartige Land nicht verdient.
Was also muss passieren, damit es wieder besser wird? Was genau erwartet Gott, damit er keine weiteren Plagen schickt? Die meisten Probleme Frankreichs können nur langfristig gelöst werden, das ist bekannt. Der Islamismus ist tief verwurzelt und hat sich über Jahrzehnte in manchen Teilen der Gesellschaft festgefressen. Die strukturellen wirtschaftlichen Probleme Frankreichs lassen sich, wenn überhaupt, nur in Minischritten lösen. Zu groß ist der Widerstand. Und gegen David Guetta ist kein Kraut gewachsen.
Die Franzosen brauchen aber dennoch dringend etwas, um die Stimmung zu heben. Betrunkene Hooligans, die Stadtzentren verwüsten, sind mit Sicherheit nicht das richtige Mittel. Frankreich braucht einen Energy-Drink, eine Vitaminspritze, die Menschen brauchen etwas, das ihnen Zuversicht für den ersten Schritt in eine schwierige Zukunft gibt. Präsident Francois Hollande könnte z.B. zurücktreten, das würde eine Mehrheit der Franzosen vermutlich kurzfristig etwas erheitern. Aber auf Dauer bringt das auch nichts.
Nein, es kann nur eine Lösung geben. Wenn die Europäer es wirklich ernst meinen mit der Solidarität, dann müssen sie Frankreich jetzt unter die Arme greifen. Nicht mit Geld oder großen Reden oder Weißweinlieferungen von der Mosel. Nein, es muss etwas sein, das sich in die Psyche des französischen Volkes eingräbt. Remonter le morale, Mut machen! Liebe Fußballfans in Europa, ihr müsst jetzt ganz stark sein, es ist an der Zeit, das ultimative Opfer zu bringen.
Lasst Frankreich die Europameisterschaft im eigenen Land gewinnen!
Das erwartet Gott von Europa. Nur dann wird er die Plagenserie beenden. Und wenn nicht, dann kommt alles noch viel schlimmer: Finsternis an der Côte d'Azur, Viehpest in der Bretagne und Aktfotos von Gérard Depardieu.
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