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Kommentar: Das Verfahren gegen somalische Piraten in Kenia

22. April 2009

Die EU ermahnt die afrikanischen Staaten oft zur Einhaltung der Menschenrechtsstandards. Sie macht sich unglaubwürdig, wenn sie nun somalische Piraten in Kenia vor Gericht stellt statt in der EU, meint Daniel Pelz:

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Bild: DW

Eines ist der Europäischen Union gelungen: Geschickt hat sie für ein internationales Problem eine afrikanische Lösung gefunden. Doch mit dem Plan, Piraten in Kenia vor Gericht zu stellen, verstösst die EU gegen jene Menschenrechtsstandards, die sie bei afrikanischen Staaten gerne anmahnt. Denn ein faires Verfahren können die Piraten in Kenia kaum bekommen. Kenias Gerichte sind chronisch überarbeitet, aber unterfinanziert. Zum Teil muss ein Richter pro Tag 50 Fälle anhören, um mit der Arbeitslast fertig zu werden. Gerichtsprozesse ziehen sich über Jahre hin. Immer wieder gehen Akten verloren gehen, sind Beweismittel unauffindbar. Für Computer fehlt oft das Geld, entsprechend chaotisch und schwerfällig ist die Justizverwaltung.

Kenias Justiz ist nicht unabhängig

Programmvolontäre 2007 Daniel Patrick Pelz
Kommentator Daniel PelzBild: DW

Die EU macht sich unglaubwürdig, da sie geflissentlich übersieht, dass Kenias Justiz noch immer nicht unabhängig ist. Vor wenigen Tagen erst trat etwa die Justizministerin zurück, weil der Präsident im Alleingang neue Richter ernannte. Der Generalstaatsanwalt leistete bereits während der Einparteienherrschaft in den achtziger und neunziger Jahren dem autokratischen Herrscher Daniel Arap Moi gute Dienste - wie viele der heutigen Richter auch. Menschenrechte, Unabhängigkeit der Justiz - das waren für diese Personen damals Fremdwörter und sind es für viele noch heute.

Letztendlich wälzt die EU auf Kenia ein Problem ab, dass sie selbst mitverursacht hat. Denn die Piraten vor Somalias Küste sind nur eine Folge des Staatszerfalls in Somalia. Und den haben Europa und die USA über Jahre indirekt gefördert. In den siebziger und achtziger Jahren durch die Unterstützung des damaligen somalischen Machthaber Siad Barres. Dass der die Spaltung der somalischen Gesellschaft vorantrieb, indem er Mitglieder anderer Clans zu tausenden ermorden liess, war Washington, Bonn und Brüssel damals egal. Wichtig war nur, einen Verbündeten gegen Moskau gefunden zu haben.

Die Welt läßt Somalia im Stich

Das zweite Mal liess die Welt Somalia in den neunziger Jahren im Stich: Die internationalen Truppen, die Frieden und Stabilität wiederherstellen sollten, zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Während Europa wenige Jahre später auf dem Balkan sogar militärische Gewalt einsetzte, um Menschenrechte und Demokratie zu erzwingen, war den Regierungen ein solches Opfer für Somalia nicht wert. Das dritte Mal ignorierte Europa die Probleme in Somalia, als 2005 zum ersten Mal unter Vermittlung von Somalias Nachbarstaaten eine halbwegs glaubwürdige Übergangsregierung gewählt wurde. Deren Bitte nach einer internationalen Friedenstruppe überhörten Washington und Brüssel geflissentlich. Stattdessen überliessen sie es einer unterfinanzierten und schlecht ausgerüsteten afrikanischen Truppe, in Somalia zu scheitern.

Wenn die Europäische Union in ihrem Eintreten für Demokratie, Gerechtigkeit und Menschenrechte glaubwürdig erscheinen will, dann muss sie Somalia ernst nehmen. Den Piraten ein faires Gerichtsverfahren zu ermöglichen, wäre ein erster, richtiger Schritt.

Autor: Daniel Pelz / Redaktion: Dirk Bathe