Die Afrika-Reise von Papst Franziskus hat international in Medien keinen großen Niederschlag gefunden. In den spanischensprachigen Medien kam der Papst-Besuch im Südosten Afrika praktisch nicht vor. Das hat Franziskus davon, dass er an die Enden der Welt reist, in zwei der global ärmsten Länder (Mosambik und Madagaskar), in eine Region, die weder wirtschaftlich noch politisch von wesentlicher Bedeutung ist.
Genau das aber waren die Beweggründe, weshalb Franziskus nach Mosambik, Madagaskar und Mauritius reiste: Die Menschen in diesen Ländern, für die existenzielle Not häufig zum Alltag gehört, liegen ihm am Herzen. Aus jedem dieser drei Länder hat er in den vergangenen Jahren einen Geistlichen zum Kardinal ernannt. Wenn man von der Internationalisierung der Kardinalskollegiums durch Franziskus spricht, so zielt diese eben auch auf eine Stärkung des Südens.
Das Kirchenoberhaupt als Seelsorger
Als Themen sprach Franziskus während der vergangenen sechs Tage heiße Eisen der jeweiligen Gastgeber-Länder an. Das sind genau die Probleme, welche die Menschen im Süden jenseits aller Landesgrenzen häufig verzweifeln lassen und ihnen jede Perspektive nehmen: Korruption und Machtgefälle, die himmelschreiende Armut, Arbeitslosigkeit und Vertreibung, die Abholzung des Regenwaldes. Er mahnte die Politiker. Und immer wieder adressierte er seine Worte bewusst an die Jugend, rief sie zur Versöhnung auf und bat sie eindringlich, niemals aufzugeben, denn Armut sei kein unabänderliches Schicksal. Häufiger als bei seinen sonstigen Reisen wirkte das Kirchenoberhaupt einfach wie ein Seelsorger.
All seinen Worten lief in den Medien eine Aussage den Rang ab, die Franziskus auf dem Flug von Rom nach Mosambik tätigte. Da wurde er nach der wachsenden Kritik an seiner Person aus dem konservativen US-Milieu gefragt: "Für mich ist es eine Ehre, wenn mich die Amerikaner angreifen", sagte er. Bald danach beschwichtigte sein Sprecher diplomatisch.
Aber warum? Franziskus ist ein Papst aus dem Süden. Er hat während seiner ersten Jahre im Amt bei großen Reden im Europäischen Parlament und im US-Kongress deutliche Mahnungen formuliert; seitdem reist er noch öfter an die Ränder. In einer Welt, in der Populismus und Abschottung in den großen Machtzentren dominieren, setzt er dagegen. Und Franziskus ist ein absoluter Kapitalismus-Kritiker, wenn er die problematischen Folgen und wuchernden Geschwüre der wirtschaftlichen Dominanz benennt. Wer sonst unter den moralischen Autoritäten der Welt formuliert solche Warnungen ähnlich deutlich?
Von Südostafrika zur Amazonas-Synode
Von dieser Afrika-Reise geht der Blick durchaus auf den nächsten großen, sehr wichtigen Termin des Papstes: In gut drei Wochen beginnt im Vatikan die Amazonas-Synode. Es ist vielleicht die spannendste Synode seiner bisherigen Amtszeit. Denn Wahrnehmungen und Erwartungen in der Welt fallen krass auseinander. Europäische Katholiken projizieren auf dieses gut dreiwöchige Treffen kirchliche Themen, die gewiss wichtig sind, aber eben doch binnenkirchlich bleiben. Ja, es ist gut, dass die Synode auch über die Frage einer Priesterweihe für "bewährte verheiratete Männer", die sogenannten "viri probati", debattieren wird.
Aber für Franziskus ist das nicht der Hauptaspekt. Bei der Amazonas-Synode geht es jenseits kirchlicher Perspektiven in erster Linie um das Überleben von Machtlosen, von Ausgegrenzten und Minderheiten in den Ländern Südamerikas und um die Zerstörung des "gemeinsamen Hauses" der Menschheit, den natürlichen Lebensgrundlagen der Erde. Machtmissbrauch, Korruption, schreckliche Armut, Arbeitslosigkeit und Vertreibung, die Abholzung des Regenwaldes - die Themen der Reise nach Südostafrika sind auch Themen am Amazonas. Und Franziskus, dieser 82-Jährige voller Empörung, wird aus der vatikanischen Synodenaula an die Welt appellieren und die Kirche zur geistlichen und politisch konkreten Anwaltschaft an der Seite der Armen mahnen. So war die Reise nach Afrika nicht zuletzt auch eine Etappe auf dem Weg zur Amazonas-Synode.