"Wir sind eine Turniermannschaft." "Wartet nur, bis es endlich losgeht mit der WM." "Das waren doch alles nur Testspiele" - so hatte es im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft geheißen. Und die Fans, die Presse, die Experten, sie alle stimmten ein, wollten die Beschwichtigungsformeln nur zu gerne glauben. Trotz der teils desolaten Leistungen gegen Österreich und Saudi-Arabien, trotz der Sieglos-Serie des DFB-Teams von fünf Spielen.
Jetzt ist die WM losgegangen. Mit einer krachenden 0:1-Niederlage gegen Mexiko. Keiner der Protagonisten mit dem Adler auf der Brust erreichte auch nur annähernd Normalform. Kein Boateng, kein Hummels, kein Khedira, kein Kroos, kein Özil, kein Müller - amtierende Weltmeister immerhin. Unnötige Ballverluste, fehlende Abstimmung, kaum Ideen im Aufbau, verweigerte Zweikämpfe, mangelnde Durchschlagskraft im Angriff. Bis Bundestrainer Joachim Löw nach einer Stunde endlich Marco Reus einwechselte, war Mexiko dem zweiten Treffer deutlich näher als Deutschland dem Ausgleich.
Nur Reus macht Hoffnung
Mit Reus erst kam die Leidenschaft. Ausgerechnet mit Reus, der nach zahllosen schweren Verletzungen bisher jedes Turnier verpasst hatte und nun mit 29 Jahren endlich zu seinem WM-Debüt im Nationaltrikot kam. Er zeigte als "Joker" das, was seine Mannschaftskameraden vermissen ließen: Leidenschaft, Einsatz, Selbstvertrauen. Dass es nicht zum Tor reichte - Pech.
Spätestens jetzt sollte auch der Letzte im DFB-Kader begriffen haben, dass die Vorbereitung vorbei ist, dass es in Russland nicht um die Qualität der Unterkunft geht, nicht um den zu hohen Rasen auf dem Trainingsplatz, nicht um Erdogan und auch nicht um die Karriereplanung einzelner Profis. Es geht um die Titelverteidigung. Das hatte sich die deutsche Mannschaft selbst als Maßstab gesetzt. Jetzt muss sie sich auch daran messen lassen. Und liefern. Und zwar schon am nächsten Samstag gegen Schweden. Wenn das ebenfalls nicht klappen sollte, folgt auf die erste Auftakt-Niederlage einer deutschen Elf bei einer WM seit 36 Jahren das nächste historische Ereignis: Das Vorrunden-Aus als Titelverteidiger. Noch ist das aber zu verhindern.
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